Im La Pura Women's Health Resort in Gars am Kamp stehen Frauen im Zentrum - und die medizinische Diagnostik von Frauenleiden.

Foto: La Pura

Gars/Kamp - Wer Ruhe sucht, fährt ins Waldviertel, denn dort ist es bekanntlich geruhsam, die Landschaft sieht aus wie im Märchen, und wenn es überall sonst heiß ist, ist es zumindest dort etwas kühler.

Seit 2011 gibt es in Gars am Kamp ein Gesundheitszentrum, das sich voll und ganz auf Frauen spezialisiert hat. "Wir sind kein Resort ohne Männer, sondern speziell für Frauen", präzisiert Ivana Stürzenbaum, Leiterin des La Pura Women's Health Resort, so die korrekte Bezeichnung einer Institution, die als solche in Europa noch einzigartig ist. Gendermedizin ist für die hiesigen drei Ärzte und das Team aus Therapeuten und Sportwissenschaftern nicht nur ein Schlagwort, sondern Programm. "Frauen erkranken anders, brauchen andere Medikamente und Behandlungen. Sie haben andere Stressauslöser und Bewältigungsstrategien", erklärt Alexandra Kautzky-Willer, Professorin für Gendermedizin an der Med-Uni Wien, die La Pura berät. Frauen, die sich in die Obhut des Teams begeben, haben die Sicherheit, nach den neuesten medizinischen Erkenntnissen untersucht zu werden. "Prävention ist ein Schlüsselthema für uns", sagt Managerin Stürzenbaum, so können Frauen ihren Aufenthalt auch nutzen, um ihre Gesundenuntersuchung durchführen zu lassen.

Das La Pura in Gars will Gesundheitshotel und Wellnesstempel in einem sein. Das Hotel liegt direkt im Ortskern, die Terrasse öffnet sich auf den Dorfplatz, das Zwei-Hauben-Restaurant wird auch von Einheimischen (Männer erlaubt!) frequentiert.

Früher war das Haus das legendäre Gesundheitszentrum von Willi Dungl, eine Pilgerstätte für die Überarbeiteten dieses Landes, denen der charismatische Gesundheitsapostel Konzepte für ein gesünderes Leben verordnet hat. 2011 hat Österreichs größter Krankenhausbetreiber, die Vamed, das Haus in Gars gekauft, umgebaut und viele Mitarbeiter von einst übernommen. Auch den Chefmasseur Leo Hornbacher: "Willi Dungl war es mehr oder weniger egal, wie das alles hier aussieht. Wir haben nicht nur das Umfeld verschönert, sondern auch unsere Leistungen auf den neuesten Stand gebracht", fasst er die Veränderung der letzten Jahre zusammen und meint damit Fitnessräume, das Spa mit fünf verschiedenen Saunen und Ruhezonen oder das umfassende Kosmetikangebot. Als Spezialist für Wellnessoasen hat die Vamed am Fuße der Babenbergerruine eine bombastische Wohlfühlwelt realisiert, in der sämtliche Spielarten von Wellnessangeboten verwirklicht sind. Als Aufputz werden hier Schwäne und Herzen aus Handtüchern gewunden und als Blickfang positioniert.

Keine strengen Regeln

Um halb elf Uhr vormittags wird auf der Terrasse noch gefrühstückt. "Wir vermeiden strenge Regeln und wollen flexibel bleiben", sagt Stürzenbaum. Es sind Frauen aller Altersstufen da. An einem Tisch plaudern zwei Mittvierzigerinnen, die den Tag ganz gemütlich angehen, eine ältere Dame parkt ihren Rollator, bestellt einen Kaffee und freut sich, als ihre Schwester vom Morgenlauf an der Kamp zurückkommt. Im Schatten liest eine alte Dame Zeitung. "Es macht einen großen Unterschied, ob rundherum nur Paare sitzen, höre ich von Alleinreisenden immer wieder", erzählt Stürzenbaum und weiß, dass gerade diese Frauen das "women only"-Konzept besonders schätzen. Zwischen weiblichen Gästen entstehe oft eine angenehme Dynamik, "immer vertraut und gemütlich", so die Hotelmanagerin. Sie und die leitende Ärztin, Gabrielle Dienhart, sind an Abenden oft mit von der Partie, denn das informelle Gespräch über Fragen zu Lebensstil und Gesundheit sind Teil des La-Pura-Konzepts.

"Frauen sind zwar viel gesundheitsbewusster als Männer, tendieren aber dazu, im Alltag ihre Probleme zu ignorieren", erzählt Dienhart. Die Saarländerin ist Allgemeinmedizinerin und Psychotherapeutin und nennt ihre Wahlarztordination im Haus gerne Zuhörzimmer. Verdauungsbeschwerden, Kopfschmerzen oder Schlaflosigkeit: Dienhart hat dafür ein Ohr und geht individuell auf Patientinnen ein. "Viele kommen kurz vor dem Burnout", hat sie beobachtet: "Entschleunigung ist das das Wichtigste!"

Zusammen mit Kautzky-Willer und ihren Arztkollegen im La Pura - Manfred Zauner und Alexander Witasek - hat sie aus den Erfahrungen der letzten Jahre Packages für weitverbreitete Frauenleiden geschnürt. Rückenwohl (1008 Euro), Detox (919 Euro) oder Gewichtsmanagement (1074 Euro) sind ärztlich begleitete Fünf- Tages-Programme mit maßgeschneiderten Therapiemaßnahmen, Massagen inklusive.

Breites Angebot

Es gibt weiters spezielle Angebote für Schwangere oder Frauen, die nach Gelenksoperationen zur Rehabilitation kommen. Menstruations- und Wechselbeschwerden, Schlafstörungen, Fibromyalgie oder rheumatische Erkrankungen sind Probleme, für die das La-Pura-Team Konzepte entwickelt hat. Für einige Leistungen zahlt sogar das Gesundheitssystem.

Weil das Spektrum an Untersuchungen groß und die Erstattungspolitik der Krankenkassen in Österreich aber komplett unterschiedlich ist, könne man keine generellen Zusagen für die Rückerstattung medizinischer Leistungen machen, bedauert Stürzenbaum, das müsse jede Frau zu Hause dann selbst einreichen.

In Gars werden neben ausführlichen Arztgesprächen und einer sorgfältigen körperlichen Untersuchung Blutwerte gemessen, Funktionstests, Ultraschalldiagnosen und physikalische Therapie durchgeführt. Sollte im Zuge der Diagnostik etwas Auffälliges entdeckt werden, haben La-Pura-Gäste das Privileg, einen Termin bei Kautzky-Willer am AKH zu bekommen. "Wir haben an der Med-Uni ein interdisziplinäres Netz für Gendermedizin aufgebaut, dessen Expertise wir zur Verfügung stellen", sagt die Ärztin, die in dieses neuartige Gesundheitsangebot große Hoffnung setzt - etwa bei der Früherkennung von Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die sich bei Frauen oft durch ganz andere Symptome als bei Männern zeigen und deshalb oft unerkannt und nicht behandelt bleiben.

Neben den handfesten medizinischen Problemen hat die leitende Ärztin Gabrielle Dienhart kürzlich auch Anti-Aging-Angebote auf Schiene gebracht: Lidstraffung im hauseigenen OP, Botox und Anti-Cellulite-Anwendungen sind in Gars neu, man habe Kundinnenwünschen entsprochen, so Dienhart.

Lange bewährt und seit Dungls Zeiten schon legendär ist hingegen die Unterwasser-Extensionsmassage im sogenannten "Release-Becken", das ein bisschen nach Folterkammer aussieht. Eine Schlinge hängt über einem sehr schmalen Pool, an dessen Rand der Masseur Leo Hornbacher in Badehose Platz nimmt. Frauen mit Rückenbeschwerden stecken ihren Kopf in die Kunststoffvorrichtung und lassen sich ins 34 Grad warme Wasser gleiten. Was wie in einem Horrorfilm anmutet, stellt sich als schwerelos erlebte Tiefenentspannung heraus. Hornbacher massiert mit einem Wasserstrahl jeden einzelnen Muskel entlang der Wirbelsäule, dabei erzählt er, wie Knochen und Muskeln miteinander verbunden sind, wie Computerarbeit die Bauchmuskeln verkümmern und die Bandscheiben herausspringen lässt.

Seit 25 Jahren setzt er bei den Menschen Reize gegen diese Entwicklung ein - damit Frauen sich bewusst wieder aufrichten, ihre Kiefermuskeln und Gesichtszüge entspannen und optimalerweise mit einem neuen Körperbewusstsein in den Alltag zurückkehren. Den wenigsten fiele das auf sich Aufpassen leicht, weiß Hotelmanagerin Stürzenbaum, die ihre Gäste im La Pura physisch und psychisch aufpäppeln will. "Tapferkeit und Bescheidenheit sind bei uns verboten, es verhindert Entspannung, und genau das ist das Ziel." (Karin Pollack, DER STANDARD, 12.8.2013)