"Musikkassette ist Sommer. Das ist barfuß am eiskalten Boden im Stiegenhaus mit einem tropfenden Softeis in der Hand zur Mama laufen, die am Küchentisch sitzt und gerade die neuesten Tophits aufnimmt. Die Kassetten gibt es noch, auf denen für die Ewigkeit Oliver Onions, Rolling Stones, Neil Diamond und Blondie auf Magnetbändern gebannt sind. Auch für die Ewigkeit bewahrt ist der Lärm der Eingangstüre, der Mama-Schrei einer Sechsjährigen und das verhaltene Fluchen der Mama. Die besaß nämlich ein Radio und einen Kassettenrekorder ohne Radio. Also standen immer beide Geräte am Küchentisch. Der eine spielte, der andere nahm auf. Zwischen "Heißer Sand" von Milva und "Super Trouper" von ABBA ertönt also das Läuten der Türglocke. Zwei der unzähligen Kassetten haben es bis heute überlebt. Und sind einer meiner teuersten Schätze! Die LUV-Kassette meiner Schwester fiel dem Tixoklebetrick anheim und wurde zum Tonträger für 80er-Jahre-Pop."

Foto: derStandard.at

Kollegin H. drückt aus, was sich in vielen Statements zum Thema "Musikkassette" innerhalb der STANDARD-Kollegenschaft wiederfindet: Die Kassette hat uns begleitet: In der Kindheit oder – je nach Alter – im Erwachsenenleben. Sei es nur zum "Kopieren von Commodere-64-Programmen" oder dem liebevollen Erstellen inkl. Covergestalten von Mixtapes für Freunde, geliebte Menschen und Brieffreunde, dem Aufnehmen von Radiosendungen und dem Darüberärgern, dass der Moderator wieder dreingeredet hat.

Der Draht nach Hause

Die Musikkassette hat uns den musikalischen Draht nach Hause gelegt, als wöchentlich ein Minipäckchen mit der aktuellen, auf Musikkassette überspielten CD im Postkasten der englischen Gastfamilie lag und sie hat lange Schulbusfahrten mit Radio-Burgenland-Dauerbeschallung durch Punk und Hardcore erträglich werden lassen.

Manch journalistische Karriere im Haus begann schon im Kinderalter mit Kassettenaufnahmen: So schleppte die Chefredakteurin schon im zarten Alter von fünf Jahren ihren quietschgelben Kassettenrekorder überall mit sich herum um kritische Porträts über ihre Familienmitglieder aufzunehmen. Kollegin E. aus der Außenpolitik wiederum improvisierte mit ihrem Bruder Talkshows in denen Madeleine Petrovic oder Wolfgang Schüssel als Gäste "geladen" waren und nahm dies auf Kassette auf.

Die bloße Frage nach dem Vorhandensein eines Abspielgerätes gilt manchem als Sakrileg, viele hüten noch Schätze von hunderten Stück, die – vorzugsweise – mit dem Sony Professional Walkman abgespielt werden können, der die Kassettenliebhaber von damals und heute eint.

Schier unglaublich erscheint der Preis einer Musikkassette im Jahr 1969, auf das uns Kollege S. hinweist: Eine leere 90-Minuten-Kassette kostete 90 Schilling, das wären inflationsbereinigt ca. 29 Euro. Erhältlich waren die kostbaren Stücke nur in größeren Elektro- und Fotogeschäften. (ped, derStandard.at, 23.8.2013)

Wir möchten wissen: Welche Erinnerungen verbinden Sie mit Musikkassetten und gibt es noch ein Abspielgerät in Ihrem Haushalt?