Gestern "Tatort", heute "Blutgletscher", morgen "Im weißen Rössl": Edita Malovčić ist eine der wenigen heimischen Schauspielerinnen mit Migrationshintergrund, die eine richtig steile Karriere hingelegt haben

Als die Nachricht verkündet wurde, dass eine Österreicherin im neuen Hamburger "Tatort" eine tragende Rolle spiele, ging das durch alle Medien. Auch durch jene von Serbien und Bosnien: "Die Tochter von Kemal Malovčić spielt mit Til Schweiger im neuen 'Tatort'", stand da zu lesen. Im Oktober vergangenen Jahres war das, und noch heute schüttelt Edita Malovčić (35) den Kopf, wenn sie davon erzählt.

"Ich bin die Tochter meiner Mutter", sagt sie, mit ihrem Vater habe sie nur sporadischen Kontakt. Als sie eineinhalb war, verließ der bosnische Turbo-Folk-Sänger seine Frau, die serbische Mutter kümmerte sich fortan allein um die Familie in Wien. Wie ein Schatten hängt Kemal Malovčić seitdem über dem Leben seiner Tochter. Ein Star auf dem Balkan, ein Star bei der älteren Auswanderergeneration in Wien. Im Umfeld, in dem Edita Malovčić aufgewachsen ist und sich heute bewegt, kennt man dagegen nicht einmal seinen Namen.

"Ich habe mich nie als Jugo gefühlt", sagt sie ein paar Tage nach unserem Fotoshooting und rückt sich die Ray-Ban zurecht. Sie kommt gerade aus Kassel, wo sie für "V8 - Die Rache der Nitros", den neuen Kinderfilm der Macher von "Wo die wilden Kerle wohnen", vor der Kamera stand. In ein paar Tagen wird Malovčić im Horrorstreifen "Blutgletscher" im heimischen Kino zu sehen sein, im November dann als Rössl-Wirtin in der Neuverfilmung vom "Weißen Rössl am Wolfgangsee".

Der heißeste Schauspielexport aus Österreich

Es läuft gerade gut im Leben der Edita Malovčić. Auf deutschen Privatsendern wird sie als "der heißeste Schauspielexport aus Österreich" angekündigt, heimische Gazetten bringen große Interviews mit ihr. Das war nicht immer so. "Es gab ganz schön viele Aufs und Abs", sagt sie. Vor 14 Jahren ging die Karriere von Malovčić los, sie spielte die Rolle der Tamara in Barbara Alberts preisgekröntem Streifen "Nordrand". Tamara ist die Tochter serbischer Eltern, die unfreiwillig schwanger wird und sich für eine Abtreibung entscheidet.

Mit dieser Rolle schien die Karriere von Malovčić vorgezeichnet: die dunkle Ausländerin, die sexy Hure, die verruchte Kriminelle. "Angebote für genau solche Rollen bekomme ich bis heute. Viele Jahre hindurch habe ich sie alle abgesagt. Heute schaue ich sie mir zumindest an." Malovčić ist mit den Jahren entspannter geworden, was ihre Rollen anbelangt. Ihr Portfolio umfasst mittlerweile ganz unterschiedliche Filmrollen. In "Zweiohrküken" spielte sie an Til Schweigers Seite eine großbusige Sexbombe, im Hamburger "Tatort" gibt sie eine strenge Staatsanwältin, die es sich nicht verkneifen kann, dem Herrn Kommissar (Til Schweiger) auf den Hintern zu starren.

Im Bett mit Til Schweiger

Im Oktober beginnen die Dreharbeiten für die zweite Folge, es ist ein offenes Geheimnis, dass sie darin mit Til Schweiger im Bett landen wird. "Die Aufregung rund um den 'Tatort' steht in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Aufwand." Gerade einmal zwei Drehtage hatte sie für die erste Folge, für die zweite werden es kaum mehr sein. Die Rolle verschaffte der in Wien lebenden Schauspielerin und Mutter eines zehnjährigen Sohnes über Nacht breite Aufmerksamkeit. "Ein bisschen stolz bin ich schon", sagt Malovčić, "dass ich als Österreicherin in einem Hamburger 'Tatort' spiele." Und über ihr Schnittlauchbrot gebeugt, setzt sie hinzu: "Und dass es kaum jemand bemerkt hat, woher ich komme." Ihren österreichischen Akzent hat sich Malovčić über die Jahre hinweg abtrainiert. Geholfen habe ihr dabei, sagt sie, ihr musikalisches Gehör. Genau wie ihr berühmter Vater ist auch Tochter Edita Musikerin. Drei Alben hat sie unter ihrem Künstlernamen Madita bisher aufgenommen.

Dass sich Vater und Tochter gegenseitig in die Quere kommen, ist unwahrscheinlich. Während der eine für Turbo-Folk steht, ist Madita im Popgenre zu Hause. Müsste man ihren Fans den Vater vorstellen, dann wohl am besten mit den Worten: "Der Vater von Edita Malovčić spielt heute im Café Calipso." Gemeinsam haben die beiden wenig. "Meiner Mutter wollte nicht, dass wir als Minderheit behandelt werden." Aufgewachsen im 14. Wiener Bezirk, besuchte Malovčić das Josefinum der Pfarre Breitensee. Kinder mit Migrationshintergrund gab es dort zu der damaligen Zeit keine. "Ich habe deswegen auch nie mit Akzent Deutsch gesprochen." Eine Kindheit wie aus dem Bilderbuch des Sebastian Kurz. In Zeitschriften wie "Biber" ("Das Magazin für neue Österreicher") ist Malovčić somit eine häufige Interviewpartnerin. Als sie im vergangenen Jahr das "Weiße Rössl" drehte, legte sie sich sogar ein Dirndl zu. "Allerdings eines, bei dem man an den Balkan denken muss."

Ihr kultureller Hintergrund spielt für Malovčić heute eine untergeordnetere Rolle. "Wenn meine Mutter mit mir Serbisch gesprochen hat, habe ich ihr auf Deutsch geantwortet." Einen Film auf Serbisch zu drehen wäre für Malovčić wahrscheinlich ähnlich exotisch wie auf einem Südtiroler Gletscher. Genau dort (am Ortler) spielt Malovčićs jüngster Film, "Blutgletscher" - ein Horrorstreifen von Regisseur Marvin Kren. Drei Wochen musste Edita Malovčić während der Dreharbeiten auf 3000 Meter Höhe ausharren. "Eine Grenzerfahrung", sagt sie heute. Zum Glück ist das für die Allrounderin nichts Neues. (Stephan Hilpold, Rondo, DER STANDARD, 6.9.2013)

"Blutgletscher" läuft ab 27. September in den heimischen Kinos.

Edita Malovcic in einem Angorapullover von Louis Vuitton und einem Kleid von Burberry Prorsum.

Foto: Maria Ziegelböck

Kleid von Miu Miu, Kette Maison Martin Margiela, Schuhe Prada.

Foto: Maria Ziegelböck

Lackmantel Rani Bageria, Ledermantel Petar Petrov, Schuhe Miu Miu.

Foto: Maria Ziegelböck

Unteres Oberteil Dries Van Noten, oberes Oberteil Prada.

 

Foto: Maria Ziegelböck

Über das Shooting
Styling: Rike Hemedinger
Make-up & Haare: Wolfi Lindenhofer
Foto: Maria Ziegelböck
Fotoassistenz: Philipp Fleischmann
Produktion: Stephan Hilpold
Mode von: Prada, Miu Miu, Prada, Louis Vuitton, Burberry Prorsum, Rani Bageria, Petar Petrov (über Park, Mondscheingasse 20, 1070 Wien), Maison Martin Margiela & Dries Van Noten (über Song, Praterstraße 11-13, 1020 Wien), Baumann

Foto: Maria Ziegelböck