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Fünf Prozent der Österreicher bezeichnen sich als Atheisten.

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STANDARD-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid moderierte die Diskussion mit dem Wiener Philosophen Peter Kampits und dem Linzer Dogmatikprofessor Franz Gruber.

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Etwa eine Million Österreicher sind, laut Statistik, "ohne religiöses Bekenntnis". Rund fünf Prozent davon verstehen sich ausdrücklich als Atheisten. Vor allem weltweit gesehen sind die "Gotteszweifler" rasant im Vormarsch. Experten orten einen regelrechten Boom des so genannten "Neo-Atheismus". So verkaufen sich etwa die Bücher des britischen Evolutionsbiologen Richard Dawkins, wohl der bekannteste Vertreter der "Neo-Atheisten"-Bewegung, millionenfach. Das Christentum sieht den Säkularismus auf der Überholspur mit großem Unwohl - und schreitet nach Jahrzehnten, in denen sowohl der Atheismus als auch der Dialog mit ihm überholt schien, zu neuen Gesprächen über die göttliche Existenzberechtigung.

Im Stift Schlägl ging man am Dienstagabend in "medias res" und lud zum bereits dritten "Dialog im Stift". In der altehrwürdigen Bibliothek diskutierten – unter der Leitung von Standard-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid -  der Wiener Philosoph Peter Kampits und der Linzer Dogmatikprofessor Franz Gruber rund um das Thema "Atheismus – Christentum". Für den Dialog der katholischen Kirche mit dem Atheismus sei das Zweite Vatikanische Konzil weichenstellend gewesen, betont Gruber in seinen Ausführungen.Man hätte den Atheismus damals als Herausforderung unserer Zeit erkannt. Gruber: "Und daran hat sich bis heute nichts geändert." Prinzipiell sei aber der Dialog mit dem Atheismus für die katholische Kirche ein "reinigender Feuerbach" gewesen.

Neoatheismus entstanden

Aber es sei in den letzten 15 Jahren wieder ein Neoatheismus entstanden, der mit "viel Polemik, Vorurteilen und säkularistischem Eifer" gegenüber dem religiösen Glauben auftrete. Gruber: "Naturwissenschaftler wie etwa der englische Biologe Richard Dawkins bezeichnen den Glauben an Gott als Wahnvorstellung. Derartige Deutungen in seinen Publikationen lösen weltweit ein riesiges Echo aus. Auch hierzulande ist eine Tendenz zu beobachten, dass an die Stelle differenzierter Argumente wieder polemische Abqualifizierungen treten." Diese Entwicklung sei jedenfalls ernst zu nehmen.

Der Philosoph Peter Kampits, der sich selbst als "ungläubigen Atheisten" sieht, stellt in seinen Ausführungen klar: "Ob Gott existiert, ist eine Entscheidung des einzelnen Menschen - ebenso ist es bei den Atheisten." Zur Säkularisierungs-Welle hätte die katholische Kirche durchaus ihren Beitrag geleistet: "Die Kirche als moralische Instanz hat viel von ihrem Status eingebüßt - vor allem durch eigenes Verschulden.

Geklärt werden konnte - trotz weitgehender Dialog-Harmonie zwischen Wissenschaft und Theologie - die Gottesfrage auch an diesem Abend nicht. Für Gruber bleibt vor allem eine Frage offen: "Hört nicht eine Kultur, die nicht mehr nach Gott fragt, auch auf, nach dem Menschen zu fragen?" Die philosophische Seite hat eine klare Antwort. Kampits: " Nein. Auch ohne Gott würde es eine menschliche Kultur geben." (Markus Rohrhofer, derStandard.at, 25.9.2013)