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Dicke Kinder stehen unter stärkerem Druck in der Schule - nicht nur im Mathematikunterricht.

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Dicke Kinder sind aufgrund ihres Körpergewichts häufig nicht nur Mobbing ausgesetzt: Sie werden in der Schule auch seltener gut benotet als normalgewichtige Kinder. Die soziale Herkunft und der Bildungsstand der Eltern beeinflussen diesen Zusammenhang nicht. Das will eine aktuelle deutsche Studie gezeigt haben. Ein wesentlicher Grund dürften den Forschern zufolge Anfeindungen sein, die den Selbstwert der Kinder bedrohen und ihren Glauben in die eigene Leistungsfähigkeit hemmen. Doch auch Eltern und Lehrer scheinen übergewichtigen Kindern weniger zuzutrauen. Damit ist erstmals für Deutschland der Beleg gelungen, dass Fettleibigkeit unabhängig vom sozialen Status der Eltern den Schulerfolg von Kindern beeinträchtigen kann. Bisher war lediglich bekannt, dass Menschen mit niedrigerer Bildung eher zu Übergewicht neigen.

Das Team um die Bildungsforscher Marc Helbig und Stefanie Jähnen vom Berliner Wissenschaftszentrum für Sozialforschung (WZB) konnte zeigen, dass dicke Kinder im Fach Mathematik signifikant seltener mit "Sehr gut" oder "Gut" abschneiden: Die Wahrscheinlichkeit, dass sie in diesem Fach mit einem Einser oder einem Zweier benotet werden, sei um mindestens zehn Prozent niedriger.

Selbstwert und Verhalten

"Bei adipösen Mädchen sind die schlechteren Mathenoten vor allem darauf zurückzuführen, dass sie häufiger gehänselt werden, was zu einem geringeren Selbstwert und größeren Verhaltensproblemen führt", sagen die deutschen Wissenschafter. Bei den Burschen konnten sie diesen "Hänsel-Effekt" nicht in gleicher Weise feststellen – allerdings würden auch dicke Schüler oft unter einem geringeren Selbstwert leiden.

Seltener ins Gymnasium

Übergewichtige Kinder dürften laut der Studie nicht nur bei den Noten den Kürzeren ziehen – sie schaffen auch seltener den Übertritt von der Volksschule ins Gymnasium. Ob das ausschließlich auf die gewichtsbedingt schlechteren Noten zurückzuführen ist, können die Forscher nicht eindeutig sagen. "Denkbar ist, dass Lehrer adipöse Kinder für weniger kompetent halten und seltener fürs Gymnasium empfehlen." Auch sei möglich, dass die Eltern dicker Kinder ihrem Nachwuchs generell weniger zutrauen und ihn deshalb nicht ins Gymnasium schicken.

Die aktuelle Untersuchung beruht auf Daten des Robert-Koch-Instituts und des Mikrozensus 2009. Sie erscheint in der Oktober-Ausgabe der deutschen "Zeitschrift für Soziologie".

Bereits in der Vergangenheit konnten Studien zeigen, dass das Aussehen von Kindern ihre Schulnoten beeinflusst: Im Vorjahr erst wollen deutsche Politikwissenschafter gezeigt haben, dass gutaussehende Schülerinnen und Schüler signifikant bessere Schulnoten bekommen als ihre weniger attraktiven Klassenkameradinnen und -kameraden. (Lisa Mayr, derStandard.at, 30.9.2013)