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Jeder fünfte Österreicher hat beim Lesen Schwierigkeiten im Alltag und im Beruf.

Foto: Jens Büttner/dpa

In Österreich können 960.000 der 16- bis 65-Jährigen nur schlecht oder gar nicht lesen. Das hat die Auswertung der OECD-Studie "Programme for the International Assessment of Adult Competencies" (PIAAC) ergeben. Von 5,6 Millionen Österreichern kann jeder fünfte nur unzureichend lesen. Österreich liegt damit wie schon bei der PISA-Studie für 15- und 16-Jährige beim Lesen unter dem OECD-Durchschnitt. In Mathematik erreichen die Österreicher überdurchschnittliche Leistungen, bei den Computerkenntnissen liegen sie im Durchschnitt. Frauen schneiden signifikant schlechter ab als Männer.

Die PIAAC-Studie wird auch als "PISA für Erwachsene" bezeichnet. Sie wurde in den Jahren 2011 und 2012 in 24 Ländern durchgeführt, darunter 17 EU-Länder. Getestet wurden die Teilnehmer der Studie in "Schlüssekompetenzen", die vor allem im Berufsleben gebraucht werden: Lesen, Mathematik und Computerkenntnisse. An dem Test nahmen 5.130 Personen teil. Für Österreich führte die Studie die Statistik Austria im Auftrag des Bildungsministeriums und des Sozialministeriums durch.

Nur 8,4 Prozent können sehr gut lesen

Besonders schlecht sind die Österreicher demnach im Lesen. 17,1 Prozent erreichen nur Kompetenzniveau 1 oder darunter, im OECD-Durchschnitt sind es 16,7 Prozent. Das heißt, dass diese Personen nur kurze Texte lesen können, daraus aber keine Schlussfolgerungen ziehen können. Sie sind dadurch mit Benachteiligungen in Beruf und Alltag konfrontiert. Mehrere Informationen oder Ablenkung überfordert sie. Die Gruppe jener, die besonders gut lesen können, ist in Österreich mit 8,4 Prozent signifikant kleiner als im OECD-Durchschnitt mit 11,8 Prozent.

Wie auch in der PISA-Studie liegen die Leistungen der Österreicher bei den Kompetenzen in Mathematik über dem Durchschnitt. Hier kristallisieren sich 16,1 Prozent als Problemgruppe heraus. Sie liegen auf oder unter Kompetenzstufe 1, im OECD-Durchschnitt sind es 20,1 Prozent.

15,5 Prozent mit ungenügenden Computerkenntnissen

Die Computerkenntnisse der Österreicher liegen wiederum im Durchschnitt. 11,3 Prozent der getesten Personen waren Computerverweigerer, im OECD-Durchschnitt sind es 10,2 Prozent. Sie wollten den Test nicht am Computer durchführen. Ob sie tatsächlich keine Fähigkeiten haben, lässt sich allerdings nicht sagen. Klar ist aber, dass 15,5 Prozent ungenügende Computerkenntnisse aufweisen. Diese Personen können auch keine einfachen Probleme am Computer lösen.

Frauen schlechter in Mathematik

Frauen schneiden in der Studie signifikant schlechter als Männer ab. Im Bereich der Alltagsmathematik schaffen Männer 13 Punkte mehr als Frauen. Der Unterschied entspricht damit zwei Bildungsjahren. 46 Prozent der Frauen gaben bei der Befragung zur Studie an, dass sie in ihrem Job wenig rechnen müssen, während bei den Männern dieser Anteil bei 34,5 Prozent liegt. Auch beim Lesen sind Frauen - anders als in der PISA-Studie - signifikant schlechter als Männer. Hier ist der Abstand mit vier Punkten allerdings wesentlich geringer.

Junge schneiden gut ab

Ein Lichtblick und eine Überraschung, vor allem im Bereich Lesen, sind die Jungen. Bei der PISA-Studie 2009 schnitten die 15- bis 16-Jährigen unterdurchschnittlich ab, in der PIAAC-Studie liegen sie im Durchschnitt und sind damit auch besser als die Grundgesamtheit. Eine Erklärung dafür, dass die Jungen hier beim Lesen besser abschneiden als in der PISA-Studie, könnte sein, dass der Einfluss der Sekundarstufe und der Hochschule erst in dieser Studie zum Tragen kommt. Die 16- bis 24-Jährigen lieferten vor allem im Bereich Mathematik besonders gute Leistungen ab. Beim Lesen und bei den Computerkenntnissen liegen sie im Durchschnitt.

Unterschied zu Migranten groß

Einen großen Unterschied gibt es in Österreich auch zwischen jenen, die Deutsch als Erstsprache haben, und jenen, die eine andere Muttersprache sprechen. Erstere Gruppe liegt in der Lesekompetenz 35,5 Punkte vor der zweiten, das entspricht fünf Bildungsjahren. Im OECD-Durchschnitt liegt der Unterschied bei nur 29,5 Punkten. Die Leistungsunterschiede zwischen diesen beiden Gruppen sind in Österreich um 20 Prozent größer als in den anderen Ländern, die teilgenommen haben.

Auch in dieser Studie zeigt sich, dass in Österreich die Eltern ihren Kindern die Bildung vererben. Es gibt einen starken Zusammenhang zwischen der Lesekompetenz und dem Bildungshintergrund der Eltern. Von jenen, deren Eltern maximal eine Pflichtschule absolviert haben, können 27,5 Prozent schlecht lesen. Bei Personen, deren Eltern einen Hochschulabschluss haben, liegt der Wert bei 5,8 Prozent.

Skandinavien wieder vorne

Besonders gute Leistungen erbringen in der PIAAC-Studie erneut die skandinavischen Länder. Finnland, Schweden und Norwegen liegen in allen drei getesteten Bereichen über dem Durchschnitt, ebenso die Niederlande. Die USA, Großbritannien, Irland, Südkorea, Zypern, Polen, Frankreich, Italien und Spanien befinden sich in allen drei Bereichen unter dem Durchschnitt. Deutschland kommt ebenso wie Österreich nur in einem Bereich über den Durchschnitt.

Am besten im Lesen sind die Japaner, am schlechtesten die Italiener. Auch in Mathematik führt Japan, die Spanier erbrachten die schlechtesten Leistungen. Die besten Computerkenntnisse weisen die Schweden auf, die schlechtesten die Polen. Italien, Zypern, Frankreich, Italien und Spanien haben an diesem Testbereich nicht teilgenommen.

(Text: Lisa Aigner, Grafik: Florian Gossy, derStandard.at, 8.10.2013)