Nachweis der genetischen Veränderung "17p13-Deletion" in Leukämiezellen: In vier der fünf Zellen zeigt sich diese Veränderung durch nur einen roten Signalpunkt. Normal sind zwei rote Signalpunkte.

Foto: UK Ulm

Ulm - Ein Team von Ärzten des Universitätsklinikums Ulm hat zur Entwicklung einer neuartigen Behandlung bei der häufigsten Leukämieerkrankung (chronische lymphatische Leukämie) und einer besonderen Form des Lymphdrüsenkrebs (Mantelzelllymphom) beigetragen. Sie waren an einer klinischen Studie beteiligt, in der die Wirkung des neuen Medikaments Ibrutinib geprüft wurde, das anders als eine herkömmliche Chemotherapie gezielt an bestimmten biologischen Eigenschaften der Krebszellen ansetzt.

Dabei zeigte sich unter anderem, dass Patienten, bei denen eine Chemotherapie nicht wirksam war, erfolgreich behandelt werden konnten. Die chronische lymphatische Leukämie und das Mantelzelllymphom sind lebensbedrohliche Krankheiten, die bis heute bei Erwachsenen nicht heilbar, sondern im besten Falle kontrollierbar sind

Aufhalten des Krankheits-Fortschritts

"Für Patienten, bei denen die Chemotherapie nicht mehr wirkt oder deren Leukämiezellen besonders ungünstige genetische Veränderungen, wie die so genannte 17p13-Deletion, aufweisen, kann das Medikament neue Chancen auf eine erfolgreiche Therapie bieten", sagt Stephan Stilgenbauer, Leitender Oberarzt der Ulmer Universitätsklinik für Innere Medizin.

Bei Patienten mit normalen genetischen Voraussetzungen, die bereits mit einer Chemotherapie vorbehandelt waren, schritt die Erkrankung bei 71 Prozent der Leukämiepatienten und 68 Prozent der Lymphompatienten nicht fort. Insgesamt waren fast 200 Patienten an acht Standorten in die Studie eingeschlossen. 

Neue Behandlungsmöglichkeiten

Ibrutinib ist ein Hemmstoff, der auf ein Eiweiß wirkt (Bruton-Tyrosinkinase, BTK), das für die Entwicklung und das Voranschreiben von Leukämien und Lymphomen von entscheidender Bedeutung ist. "Die Besonderheit liegt darin, dass das Medikament gezielt an besonderen biologischen Charakteristika der Leukämie- oder Lymphomzellen ansetzt", sagt Hartmut Döhner, Ärztlicher Direktor der Klinik für Innere Medizin. "Das heißt, es werden durch die Behandlung gezielt die Krebszellen angegriffen und, anders als bei der Chemotherapie, die gesunden Zellen geschont", so Döhner.

In weiterführenden Arbeiten gelang den Ärzten darüber hinaus zu entschlüsseln, warum bei einer kleinen Gruppe von Patienten die Erkrankung mit dem neuen Medikament nicht dauerhaft kontrolliert werden konnte. "Die Entschlüsselung dieser Resistenzmechanismen ist ein wichtiger Ansatzpunkt, um daraus neue Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln", so Stilgenbauer. (red, derStandard.at, 10.10.2013)