Die drei Lieblingsspiele von Double Smith:

  1. iPad Hero Academy
  2. Battlefield 3
  3. Civilisation V
Foto: Double Smith
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Die Geschichte von Miracle Mike ist grauenvoll und sie beginnt mit dem Wunsch des Farmers Lloyd Olsen aus Fruita, Colorado, seiner für das Wochenende erwarteten Schwiegermutter ein Festmahl zubereiten zu wollen. Am Montag, dem 10. September 1945, geht Olsen deshalb in den Stall und enthauptet den fünf Monate alten Hahn Mike. Weil die Axt jedoch zu klein ist und der Schlag nicht sauber ausgeführt wird, verpasst das Beil die Hauptschlagader, das Stammhirn und ein Ohr. Fortan ohne Schnabel und Augen überlebt Mike das Gemetzel und verweilt die Nacht, wohl ob der beträchtlichen Schmerzen, mit dem Hals unter dem Flügel.

Verwundert über Mikes Überleben, beschließt Farmer Olsen den Hahn zu "verschonen" und beginnt ihn, nach einem Gesundheitscheck in der 400 Kilometer weit entfernten University of Utah in Salt Lake City, aufzupeppen. Aus dem Krähen ist ein Gurgeln geworden und die Nahrungszufuhr muss per Pipette direkt in den Hals erfolgen, doch Mike lebt und wird mit anderen Tieren wie einem zweiköpfigen Kalb zur landesweiten Zirkusattraktion. Olsen wird reich und verdient zu Spitzenzeiten infaltionsbereinigte 50.000 Dollar mit seinem massakrierten Hahn. 18 Monate nach seiner missglückten Enthauptung erstickt Mike schließlich an seinem eigenen Schleim. Der Farmer hatte für eine Nacht vergessen, den Hals des selbstständig nicht lebensfähigen Tieres zu reinigen.

Das Videospiel zum kopflosen Hahn

Das in St. Pölten ansässige Start-up Double Smith, hergeleitet vom Namen des verheirateten Entwicklerteams Gila und Reinhard Schmid, beschloss Mikes traurigen Lebensweg mit einem Videospiel Tribut zu zollen. "Wir sind bei der Recherche zu "Headless" auf Miracle Mike gestoßen und waren so fasziniert von einem Huhn, das 18 Monate ohne Kopf gelebt hat, dass wir seine Geschichte würdigen wollten", erklärt Designern Gila Schmid gegenüber dem GameStandard. In "Headless", ihrem ersten Werk als unabhängige Entwickler, navigieren Spieler den kopflosen Hahn über einen tödlichen Hindernisparcours. Über Sägen und elektrische Zäune springend blutet das Tier (historisch nicht ganz korrekt) über die offene Wunde am Hals langsam aus, weshalb man stets darauf achten muss, frische Blutkonserven einzusammeln. "Wir haben uns im Endless-Runner-Genre von Titeln wie "Jetpack Joyride" inspirieren lassen, haben dabei jedoch versucht das Thema mal etwas anders zu behandeln."

Moralische Fragen und Provokation

Ethische Bedenken hatte das kreative Paar nicht. Angst vor protestierenden Tierschützern ist ebenfalls nicht zu entlocken. "Eigentlich nicht, immerhin geht es bei 'Headless' darum den Hahn am Leben zu erhalten", sagt Gila Schmid. "Wann, wie und wo er seinen Kopf verloren hat? Keine Ahnung, damit haben wir nichts zu tun, wir wollen ihn nur retten ;)." Die Liebe zu Tieren hat man während der rund viermonatigen Entwicklungszeit sowohl im Herzen als auch im Magen jedenfalls nicht verloren. Der Kopf des "heiß geliebten" Bürohunds bleibt dran und man isst weiterhin gerne Huhn, wenngleich "nicht jede Mahlzeit Fleisch enthalten muss, um eine gute Mahlzeit zu sein". "Ich verspreche, dass kein Huhn für die Produktion von 'Headless' zu Schaden gekommen ist!"

Ernster betrachtet lässt die Wahl der Vorlage weniger auf die Umgangsformen der Entwickler rückschließen, als auf ihr Verständnis für Vermarktung. "Natürlich spielt der Stil und das Thema eine Rolle, um in der Masse der Spiele in den verschiedenen App Stores auf sich aufmerksam zu machen", sagt die Designerin. Ein Kalkül, das sich auch von den offensiven Werbeslogans ablesen lässt. (siehe links)

Vom Blockbuster zum Mobile-Game

Die Double Smiths wissen, wovon sie reden. Vor der Gründung ihres kleinen Studios arbeiteten beide an diversen Blockbuster-Produktionen. "Wir kommen beide aus der Videospiel-Branche und haben bei Firmen wie Rockstar Games, Walt Disney (Blackrock Studios), Rabcat und Quadriga FX, an AAA-Titeln wie "Forza Horizon", "Split Second", "Manhunt 2", "Crackdown 2" und "Cursed Mountain" gearbeitet."

Weshalb sie schlussendlich mit einem typischen Mobile-Game die Konzernstricke abtrennen und ins kalte Wasser springen, sei schnell erklärt. "Wir sehen im Mobile-Bereich die Zukunft der Games und ein starkes Wachstumspotential. Außerdem können wir auch in einem kleinen Team die komplette Produktion von Spielen im Mobile Bereich stemmen, was bei einem Blockbuster-Titel unmöglich wäre", so Gila Schmid.

Zukunftsprojekte

Die Frage, welches traurige Tierschicksal für das nächste Spiel ins Auge genommen wird, entscheide sich in den kommenden Wochen. "Momentan stehen noch verschiedene Ideen zur Umsetzung bereit (eine davon auch mit Tieren). Die Entscheidung für das nächste Projekt muss jedoch noch getroffen werden, sobald es aber was zu sehen gibt lassen wir von uns hören."

"Headless" ist für iOS und Android erschienen und kostet 0,89 Euro. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 11.10.2013)

Video: In "Headless" geht es blutig zur Sache