Ein riesiges Buch erklärt die couragierten Taten, im Hintergrund erzählt Angelica Bäumer von ihrer Rettung durch Balthasar Linsinger. 

Foto: Trenkler

Im Sommer 1953 wurde in Jerusalem die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem gegründet. Sie erhielt von der Knesset u. a. den Auftrag, der "Gerechten unter den Völkern" zu gedenken, die in der NS-Zeit ihr Leben riskierten, um Juden zu retten. Bis Anfang 2013 verlieh Yad Vashem die Ehrenbezeichnung an 24.811 Menschen in aller Welt, darunter natürlich an Oskar Schindler. Die meisten Gerechten stammen aus Polen (6400), den Niederlanden (5200) und aus Frankreich (3500).

Geehrt wurden bisher auch 92 Österreicherinnen und Österreicher. Ihnen ist eine klar konzipierte Wanderausstellung gewidmet, die bis 22. Dezember im Museum Arbeitswelt in Steyr zu sehen ist. Die Österreichischen Freunde von Yad Vashem haben sie auf Anregung des Diplomaten Yosef Govrin realisiert, der u. a. auch in Österreich Botschafter Israels war. Als zweite Station von Die Gerechten. Courage ist eine Frage der Entscheidung soll 2014 das Palais Porcia in Wien folgen.

Die Gerechten stehen ganz klar im Zentrum der Schau: Es gibt u. a. ein riesiges Buch mit den couragierten Taten aller Ausgezeichneten, in dem man blättern kann, und einen würdevollen "Raum der Gerechten". Auf Leuchtquadern, die zu schweben scheinen, werden Ella Lingens, Hermann Langbein, Gottfried von Einem, Dorothea Neff und viele weitere porträtiert. Manche der Gerechten, darunter der Pfarrer Balthasar Linsinger, der die Kunstkritikerin Angelica Bäumer und ihre Familie in Großarl versteckte, werden ausführlicher vorgestellt.

Die Schau begnügt sich aber nicht mit den Namen der Gerechten: Die Kuratoren Michael John und Albert Lichtblau skizzieren auf großformatigen Schautafeln, die dem Layout von Nachrichtenmagazinen nachempfunden sind, die Entwicklung von der Ausgrenzung der jüdischen Bevölkerung über das Schüren von Hass bis zur systematischen Vernichtung.

Das Museum Arbeitswelt stellt sich dabei als ein beklemmend passender Ort heraus. Denn das unter Denkmalschutz stehende Gebäude im Stadtteil Wehrgraben war im Ersten Weltkrieg die größte Waffenfabrik Europas - und im Zweiten Weltkrieg arbeiteten hier Zwangsarbeiter. Beim Studieren der Schautafeln hört man zudem ein unangenehmes ratterndes Geräusch. Es stammt von einer Installation in der Dauerausstellung: Valie Export zeigt auf 25 Monitoren eine laufende Nähmaschinennadel. Im Kontext von Die Gerechten denkt man dabei sogleich an Franz Kafkas In der Strafkolonie.

Leider verlassen die Kuratoren mitunter das Konzept, auf wenige, aber starke Fotografien und aussagekräftige Exponate zu setzen: Sie wollen den Horror plastisch machen. Es braucht aber keine "echten" Kartoffelsäcke, damit man sich vorstellen kann, wie Kinder in ebensolchen gerettet wurden. Die Videos mit den Geretteten sind ergreifend genug. (Thomas Trenkler, DER STANDARD, 17.10.2013)