In der Stadt der Zukunft werden wir alle zu Akteuren, erklärt Stadtforscher und Superscape-Juror Peter Mörtenböck. Eine große Rolle, erfuhr Wojciech Czaja, spielt dabei vor allem Crowdfunding.

STANDARD: Wie hat sich das Leben in der Stadt verändert?

Mörtenböck: In den letzten zehn bis 15 Jahren haben wir eine ganz neue Vorstellung von Stadt bekommen. Es gibt Interventionen im Stadtraum, Soundinstallationen, Kunst im öffentlichen Raum, Bürgerbeteiligung und Bühnen für verschiedene Akteure und Partizipatoren. Stadt ist heute eine Spielwiese für alle.

STANDARD: Wo merkt man das am stärksten?

Mörtenböck: Überall dort, wo Menschen in einer großen Zahl zusammenleben. Die derzeit vielleicht interessantesten Initiativen kommen aus Nord- und Südamerika.

STANDARD: Zum Beispiel?

Mörtenböck: In New York entsteht derzeit ein über Crowdfunding finanzierter Pool im Hudson River, der sogenannte +Pool. Und in Bogotá, Kolumbien, befindet sich ein Hochhaus in Bau, an dessen Errichtung sich mehr als 3000 Kleininvestoren beteiligen, darunter angeblich auch Menschen wie du und ich. Der BD Bacatá Tower ist so gesehen die Synthese aus privatwirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Interessen.

STANDARD: Also eine Art Baugruppe in Größe XXL?

Mörtenböck: Für mich ist das die Weiterentwicklung von Guerilla-Gardening und Platzbesetzung, eine Art Vermainstreamisierung dessen, was bisher ein Nischenansatz war. Wer gestern noch Kräuter gepflanzt hat, ist morgen schon Mikroinvestor. Wenn man so will, wird die Urban-Farming-Familie jetzt erwachsen.

STANDARD: Was machen die Menschen ohne Geld?

Mörtenböck: Crowdfunding betrifft alle. Daher müssen Wege entwickelt werden, wie sich auch Bürger ohne Kapital einbringen und an der Konzeption eines Projekts beteiligen können. Es geht um das Wahrnehmen von städtischer Verantwortung. Solche Impulse erwarte ich mir bei Superscape.

STANDARD: Wird der Trend auch Wien erreichen?

Mörtenböck: Ja. In der Kommunalpolitik findet das ja bereits statt. Stichwort: Bürgerbeteiligung. In Wien gibt es bereits die ersten Bürgersolarkraftwerke. Zum Bürgerplatz oder Bürgerimmobilienprojekt ist es nur ein kleiner Schritt. (DER STANDARD, 28.11.2013)