Wie Schokolade die Stimmung hebt, können Bioinformatiker neuerdings mit einem Computermodell simulieren.

Foto: Jan-Peter Kasper/FSU

Gefüllte Lebkuchenherzen, Dominosteine, Schokoladennikoläuse - die süßen Vorboten der Weihnachtszeit stapeln sich schon seit einigen Wochen in den Geschäften. Schon beim Gedanken daran, wie die süße Leckerei auf der Zunge zergeht, versetzt manche Menschen in eine Art wohligen Glückszustand.

Diese Gefühl komme nicht von ungefähr, meint Stefan Schuster von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Der Bioinformatiker hat gemeinsam mit Forschern aus Norwegen ein Computermodell entwickelt, mit dem sich simulieren lässt, was in unserem Körper abläuft, wenn wir die Aminosäure Tryptophan - die in der Schokolade enthalten ist - zu uns nehmen. Das bislang umfassendste Modell des komplexen Stoffwechsels von TryptophanIn wurde nun in der aktuellen Ausgabe des "Journal of Biological Chemistry" präsentiert.

"Aus Tryptophan entsteht im Körper Serotonin", erläutert Schuster. Serotonin ist wiederum ein Hormon beziehungsweise ein Botenstoff im Gehirn, der ein Wohlgefühl auslöst. Da unser Körper selbst Tryptophan nicht herstellen kann, müssen wir es mit der Nahrung aufnehmen -  etwa aus Sojabohnen, Geflügel oder eben Kakao und Schokolade. Doch nicht nur als "Zutat" für Glücksmomente braucht der Mensch Tryptophan. Auch für das Schlafhormon Melatonin ist die Aminosäure der entscheidende Baustein. "Abbauprodukte von Tryptophan spielen wiederum bei einigen neurodegenerativen Erkrankungen sowie bei Alterungsprozessen eine Rolle", macht Schuster die Vielfalt der Wirkungen deutlich.

Auswirkungen auf gesamten Metabolismus testen

Der komplexe Tryptophan-Stoffwechsel war bislang biochemisch zwar weitgehend bekannt, "allerdings lässt sich erst anhand eines Computermodells das Zusammenspiel der Einzelreaktionen und Zwischenprodukte sowie ihrer Regulationsmechanismen als Gesamtsystem erfassen", ist Ines Heiland, eine der Erstautorinnen der Studie, überzeugt. 

Für ihr Modell des Tryptophan-Stoffwechsels im Menschen haben die Bioinformatiker umfangreiche experimentelle Daten zum Ablauf der weit verzweigten Stoffwechselwege und der dazugehörenden Transportvorgänge zusammengetragen. Diese wurden anschließend in ein Gesamtmodell integriert, das es nun erstmals ermöglicht, detailliert die Wirkungen von Tryptophan und seiner Stoffwechselprodukte in einzelnen Geweben oder Organen realitätsnah zu simulieren.

Anwendungsmöglichkeiten sehen die Forscher vor allem in der medizinischen Diagnostik und bei der Entwicklung neuer Therapien für neurodegenerative Erkrankungen - wie etwa Parkinson oder Alzheimer. Das Computermodell soll vor allem helfen, den Krankheitsverlauf besser zu verstehen. "Wir können daran auch testen, an welchen Stellen des Stoffwechsels regulierend eingegriffen werden kann und wie sich diese Veränderungen auf den gesamten Metabolismus auswirken", ergänzt Ines Heiland. (red, derStandard.at, 4.12.2013)