Wien - Krisen zu den Feiertagen, die eigentlich ein Dauerproblem sind: Österreichs Psychiater wiesen am Freitag auf die Bedeutung von Suchterkrankungen bei betagten Menschen hin. Sie geraten häufig durch Einsamkeit und Verlusterlebnisse in diese Risikosituationen. Frühe Inanspruchnahme von Hilfe ist hier entscheidend.

Abhängigkeiten, die im höheren Lebensalter auftreten, liegen oft in spezifischen biologischen und psychosozialen Belastungsfaktoren begründet. "Gerade ältere Menschen sind von einschneidenden Lebensveränderungen betroffen, die dann auch eine psychische Erkrankung begünstigen oder sogar verursachen können. Dazu zählen beispielsweise das Ende der beruflichen Tätigkeit, das vermehrte Auftreten von Krankheiten und insbesondere der Verlust des Partners, von Angehörigen oder Freunden, die zu Einsamkeit und Isolation führen können", erklärte der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, der Wiener Gerontopsychiater und PSD-Chefarzt Georg Psota.

Substanzmissbrauch und das Abgleiten in Abhängigkeit kann hier sehr oft mit psychischer Überforderung im Zusammenhang stehen. "Durch diese Lebensveränderungen kann es dazu kommen, dass die gewohnten Bewältigungsstrategien nicht mehr greifen und die Entwicklung einer Suchterkrankung gefördert wird. Ebenso können sich Angsterkrankungen und Depressionen einstellen, die ihrerseits das Risiko für Suchterkrankungen erhöhen,"  so Psota. Seit langem ist bekannt, dass beispielsweise die höchste Rate von Alkoholabhängigkeit erst im Alter um und über 60 zu registrieren ist.

Gefahr der Medikamentenabhängigkeit

Schließlich gibt es auch biologische Gründe, die eventuell das Entstehen von Sucht begünstigen können. Im Alter besteht darüber hinaus eine erhöhte Gefahr, eine Medikamentenabhängigkeit zu entwickeln. Bei Senioren sind die Abbauprozesse im Körper verlangsamt, sodass eine herabgesetzte oder nachlassende Wirkung von Medikamenten eine ständige Dosiserhöhung zufolge haben kann.

"Bedenklich ist vor allem die Einnahme von Schlaf-, Beruhigungs- und Schmerzmittel, die teilweise ein großes Suchtpotenzial haben, und darüber hinaus auch das Sturzrisiko erhöhen. Manch älterer Mensch gerät durch diese Medikamente in einen Teufelskreis aus Unsicherheit, Ängsten und ständiger Dosiserhöhung," sagt Psota. Die Kombination von Alkohol und Medikamenten berge eine besonders hohe Suchtgefahr, weil es in solchen Fällen zu einer Potenzierung der Wirkung kommen kann.

Gute Behandlungsaussichten

Untersuchungen haben ergeben, dass bei fünf bis 20 Prozent der über 60-jährigen von einem schädlichen Alokoholgebrauch  ausgegangen werden muss und bis zu drei Prozent dieser Altersgruppe eine Alkoholabhängigkeit aufweisen. Ein problematischer Gebrauch von psychoaktiven Medikamenten, wie Beruhigungs-, Schlafmittel, beziehungsweise von Schmerzmitteln zeigt sich bei fünf bis zehn Prozent der über 60-jährigen. Während Alkoholmissbrauch vor allem bei Männern vorkommt, neigen Frauen eher zur Abhängigkeit von Medikamenten.

Die Behandlungsaussichten älterer Suchterkrankten sind jedoch durchaus gut, insbesondere bei Abhängigkeiten, die sich erst im Alter manifestiert haben. "Betroffene sollten bei beginnender oder bestehender Suchterkrankung nicht zögern und auch von ihren Angehörigen dazu ermutigt werden, eine Beratungsstelle oder einen Facharzt für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin aufzusuchen", sagt Psota. Eine erfolgreiche Behandlung einer Suchterkrankung kann die körperliche Gesundheit fördern, die Teilnahme am sozialen Leben verbessern und die Lebensqualität der Betroffenen wieder steigern. (APA/red, derStandard.at, 20.12.2013))