Kosmische Erdnuss: der erdnahe Asteroid Itokawa besteht aus zwei Teilen, von denen einer wesentlich dichter ist als der andere.

Foto: ESO / JAXA

Canterbury/Wien - Erstmals konnten Astronomen einen Asteroiden analysieren, der aus zwei sehr unterschiedlichen Komponenten besteht. Während der eine Teil des etwa 600 Meter langen, erdnussförmigen Körpers eine Dichte wie Granit aufweist, hat der andere Teil eine deutlich geringere Dichte, die etwa der von dicht gepacktem Sand entspricht. Das berichtet ein internationales Forscherteam aktuell im Fachblatt "Astronomy & Astrophysics".

Ermöglicht wurde diese Entdeckung durch genaue Messungen der Rotationsgeschwindigkeit des Asteroiden. Diese kann sich bei so unregelmäßig geformten Körpern im Laufe der Zeit verändern, was Rückschlüsse über ihren Aufbau zulässt.

Sonnenstrahlung verändert Rotation

Der Mechanismus der diese Änderung des Drehmoments verursacht, trägt den etwas holprigen Namen Yarkovsky-O'Keefe-Radzievskii-Paddack-, oder kurz: YORP- Effekt. Dieser beruht darauf, dass die Reflektion und Emission der Sonnenstrahlung bei sehr unregelmäßig geformten Körpern nicht überall gleichmäßig stattfindet.

Die winzigen Änderungen des Drehmoments die dabei entstehen – die Rotationsperiode von Itokawa ändert sich nur um 45 Millisekunden pro Jahr – sind messbar, allerdings sind dazu lange und präzise Beobachtungsreihen nötig.

Zwölf Jahre lang dauerte in diesem Fall die aufwändige Jagd nach dem YORP-Effekt. Acht Teleskope aus den USA, aus Spanien und von der Europäischen Südsternwarte in Chile waren dabei im Einsatz, koordiniert von der internationalen Forschergruppe um S. C. Lowry von der University of Kent in Canterbury.

Vergleich mit Weltraumdaten erlaubt Rückschlüsse

Ähnliche Änderungen der Rotationsperiode wurden zwar schon bei mehreren Asteroiden detektiert, bei Itokawa allerdings ist die Entdeckung von ganz besonderer Bedeutung. Da man seine Form im Gegensatz zu anderen Asteroiden sehr genau kennt, bietet Itokawa das einzigartige Potential, nicht nur seine Oberfläche, sondern auch seinen inneren Aufbau zu untersuchen.

Schon im Jahr 2005 hatte die japanische Raumsonde "Hayabusa" dem Asteroiden einen Besuch abgestattet und ein detailliertes topographisches Modell geliefert. Dieses Modell konnten die Forscher nun verwenden um genau vorherzusagen, welche Änderung der Rotation sich theoretisch durch die Einwirkung der Sonnenstrahlung ergeben müsste.

Ihre Berechnungen, die auf der Annahme beruhen, dass der Körper eine homogene Dichte aufweist, ließen sich anfangs aber nicht mit den Beobachtungen in Einklang bringen. Erst als die Forscher zwei Komponenten mit sehr unterschiedlicher Dichte annahmen (2850 Kilogramm pro Kubikmeter auf der einen Seite, 1750 Kilogramm pro Kubikmeter auf der anderen), stimmten die beiden Resultate überein und führten so zum erstmaligen Nachweis einer Inhomogenität in einem Asteroiden.

Kollision als mögliche Ursache

Fragt sich nur noch, wie es zu diesem ungewöhnlichen Aufbau kommen konnte. Die Wissenschafter schreiben, Itokawa könnte durch die Kollision zweier Asteroiden entstanden sein. Die beiden Objekte wären demnach umeinander gekreist, bis das System kollabierte und die Asteroiden ineinander verschmolzen. (guge, derStandard.at, 5.2.2014)