Es ist schon eine seltsame Stimmungslage, die Oekonsult im Auftrag der Elga-GmbH erhoben hat: Die Österreicher finden die elektronische Gesundheitsakte eh ziemlich super - wissen aber nicht genau, warum. 80 Prozent der gut 1000 Befragten sehen sich außerstande, zu erklären, was Elga überhaupt ist. Von den restlichen 20 Prozent musste fast die Hälfte auf Nachfrage zugeben, dass sie ihren eigenen Wissensstand überschätzt.

Natürlich freut man sich bei der Elga-GmbH, im Gesundheitsministerium und beim Hauptverband nun darüber, dass das heftige Kampagnisieren der Ärztekammer nicht so viele Früchte getragen hat, wie man vielleicht hätte annehmen können. Am Grad der Desinformation ändert das nichts, im Gegenteil: Eigentlich war der Start von Elga ein ziemliches PR-Desaster. Seit Anfang des Jahres kommen die Österreicher in Berührung mit dem Projekt, das der Dreh- und Angelpunkt der Gesundheitsreform ist. Und zwar, indem sie sich abmelden können. Wäre das nicht der ideale Zeitpunkt gewesen, um auf die ganz konkreten Vorteile von Elga aufmerksam zu machen?

Die Ärztekammer hat's vorgemacht: Ihren nackten, vom System angeblich entblößten Patienten, die schon 2012 praktisch flächendeckend inseriert wurden, hätten die Gesundheitspolitiker längst glückliche, mündige, informierte Menschen entgegenhalten müssen: "Meine Daten gehören mir" - oder so ähnlich. Natürlich ist es wichtig und richtig, auf Sachinformation zu setzen, und vor allem Susanne Herbek, die Geschäftsführerin der Elga-GmbH, redet sich diesbezüglich den Mund fusselig. Allein: Was Elga dem Gesundheitssystem bringt, wie man sich technisch um Datensicherheit bemüht, das alles appelliert nicht an das Bauchgefühl der Patienten, die sich - das belegen die zehntausenden Abmeldungen seit Jahresbeginn - verunsichert fühlen.

Es ist müßig, über die üppigen Werbeetats der Ärztekammer zu lamentieren. Vielmehr ist es eine Frage des Timings: Auch wenn die Österreicher den Ärzten - auch das belegt die Umfrage - viele ihrer Argumente nicht glauben, so hat man ihnen bisher doch die Themenhoheit überlassen. In den Ordinationen haben sie diese sowieso; wenigstens die mediale Lufthoheit hätten Gesundheitsminister Alois Stöger und seine Mitstreiter eher an sich reißen müssen. Es wird viel Mühsal und Geld kosten, wenn das bis zur Teileinführung von Elga im Herbst gelingen soll. (Andrea Heigl, DER STANDARD, 10.2.2014)