Für ATV-Chef Gastinger "ein Stück österreichische Fernsehgeschichte" - Doppelter Marktanteil als mittelfristiges Ziel - Start am 17. Februar um 18.15 Uhr

Wien - So einen hätten "Berlin – Tag und Nacht" und "Köln 50667" "krampfhaft gesucht", sagt Producer Matthias Kröger: Anfang 20, Anzug und Stecktuch, Geltolle und Geld, weißer Jaguar und bereit, in einer täglichen TV-Soap im Privatfernsehen aufzutreten. "Wien - Tag und Nacht", wie die deutschen Vorbilder von Filmpool produziert, hat so einen Konstantin.

Foto: ATV

Ab Montag ist Konstantin werktäglich um 18.30 bei ATV zu sehen – mit Clubbesitzer Paul und Gattin Marlene, "Partytiger" Franz, "Mädchenschwarm" und DJ Chris und seiner Freundin, Zickendarstellerin Vicky, der "verträumten" Theresa, dem "Macher" Kaspar, "Sexbombe" Vanessa, "Spaßvogel" Willi, dem sensiblen Muskelmann Georg, "Ober-Casanova" Tiziano und dem leidenschaftlichen Bäcker Jürgen.

Viele dieser Laiendarsteller verfügen über eine gut bis sehr gut trainierte und proportionierte Figur. Viele sind tätowiert, aber das sind laut Sendungsverantwortlicher Sandra Oberzaucher ja ein Drittel der Menschen unter 30 in diesem Land - sie wurden definitiv nicht danach ausgesucht unter 5.000 Interessenten, sagt Senderchef Martin Gastinger am Dienstag bei der Präsentation. "Keine Alkoholexzesse, kein 'Saturday Night Fever'. Die arbeiten alle oder studieren, klauen nicht, sind nicht asozial."

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Noch etwas unterscheidet Österreicher von deutschen "Tag und Nacht"-Charakteren: "Österreicher bringen viel mehr Gefühl mit als die deutschen Darsteller", sagt Filmpool-Geschäftsführer Vittorio Valente. Da zeigen Männer schon einmal "ein Tränchen".

Sebastian und die für den Anfang übrigen zwölf Laiendarsteller arbeiten sich in den ersten fünf Folgen der kommenden Woche ab an "Geschichten, die sie auch leben könnten", auch "authentisch" fällt bei der Präsentation recht häufig. Zum Beispiel: Vicky zickt und flirtet fremd, weil eine andere das endlich leere WG-Zimmer bekommt, und versöhnt sich dann doch mit dem davonlaufenden Chris.

Clubbesitzer Paul versucht Schulden in einem zwielichtigen Hinterzimmer zurückzupokern. Drei junge Herren müssen wegen einer gescheiterten Aufriss-Wette nackt um den Stephansdom laufen - und Konstantin verschwindet inzwischen mit ihrem Gewand im Jaguar. Konstantin wiederum muss mitten im Geknutsche mit zwei jungen Damen erschüttert erfahren, dass die eine kein Interesse an Männern hat. Und: "Sexbombe" Vanessa offenbart wenig überraschend, dass ihre überbordende Oberweite "gemacht" ist. Was man halt so alles macht mit Anfang 20 bis Mitte 30 in Wien.

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Kommenden Montag tauscht also wieder ein östereichischer Sender "Two and a Half Men" gegen eine millionenschwere tägliche österreichische Vorabendsoap. ATV geht das ganz anders an als der ORF mit "Mitten im Achten".

ATV ist ein Privatsender. Geschäftsführer Gastinger spricht von einem "extrem mutigen Projekt", weil für Österreich neu. "Scripted Entertainment": Die - angestellten - Laiendarsteller bekommen Handlung und Themen vorgegeben, nicht aber, was sie genau sagen.

Der öffentlich-rechtliche ORF kündigte 2007 die "größte Programmreform aller Zeiten" an und "Mitten im Achten" als ihr "Herzstück"; rasch produziert, geschriebene Dialoge in einem lang abgelegenen Format. Und rasch an den unerreichbar hochgezwirbelten Erwartungen gescheitert.

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ATV übersetzt nun ein deutsches Erfolgsformat und baut es neu für Österreich: "Berlin - Tag und Nacht" und "Köln 50667" sind bei RTL 2 erprobt; auch an dem Sender ist ATV-Eigner Herbert Kloiber beteiligt. Filmpool produziert nun auch am Rande des siebenten Wiener Gemeindebezirks.

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ATV wagt mehr als der ORF: Fünf, sechs Millionen Euro bedeuten rund ein Sechstel des bisherigen Senderumsatzes. Und ATV probiert vorweg mehr als RTL 2: Die Charaktere glühen schon vor Sendestart seit Silvester auf Facebook vor, "um die Leute darauf heiß zu machen" (Gastinger). Mehr als 13.000 gefällt das. Der Frühstart auf Facebook soll das Format rascher auf Reiseflughöhe bringen.

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Aber: "Man muss ein bisschen demütig sein. Auch in Deutschland hat es gut sechs bis acht Wochen gedauert, bis 'Berlin - Tag und Nacht' zu fliegen begonnen hat", sagt Gastinger. "Wir würden uns zwar wünschen, dass es vom ersten Tag an einschlägt, man kann es aber nicht erwarten." Eine wesentliche Komponente des Fernseherfolgs ist der Social-Media-Einsatz.

Gastinger: "Es ist ein sehr mutiges Projekt, und man muss viel Leidenschaft mitbringen. Aber egal, wie es ausgeht, es ist ein Stück österreichische Fernsehgeschichte." Mittelfristig soll sich der Marktanteil zu der Zeit (auf acht Prozent in der Werbezielgruppe) verdoppeln. Vorerst wünscht er sich jedenfals mehr als "Two and a Half Men".

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Vorerst ist "Wien - Tag und Nacht" zumindest bis Mitte Juli zu sehen. Bei Erfolg würde man mindestens 100 weitere Episoden ordern. "Alles andere macht keinen Sinn, man muss es in solchen Etappen machen. Andere stecken ihr Geld in Shows, wir sind aber der Meinung, dass es unser Auftrag ist, etwas Neues und Innovatives ins Land zu bringen. Bis jetzt sind wir damit sehr gut gefahren", findet Gastinger. "Und wir werden weiter an Innovationen arbeiten." (fid, APA, 11.2.2014)

Nachlese

Daily Soap "Wien - Tag und Nacht": Die Charaktere

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