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Im Bild eine Elektrode, die im Rahmen der Tiefen Hirnstimulation an geeigneter Stelle im Gehirn positioniert wird.

Foto: AP/Eckehard Schulz

Köln - Der Essentielle Tremor, auch familiäres Zittern genannt, ist die häufigste neurologische Bewegungsstörung. Nach Angaben der International Essential Tremor Foundation (IETF) ist etwa ein Fünftel der Menschen über 65 Jahre von diesem Zittern der Arme und Hände, aber auch des  Kopfes oder der Beine betroffen. Behandelt werden der Essentielle Tremor unter anderem mit der Tiefen Hirnstimulation – wobei bisher oft Sprachstörungen auftraten. Neurologen der Uniklinik Köln haben nun einen Weg gefunden, diese zu vermeiden. Das Ergebnis einer neuen Studie ist aktuell in der Fachzeitung "Neurology" erschienen.

"Das Leiden unserer Patienten im Alltag ist für uns als Gesunde kaum vorstellbar. Sie haben Probleme beim Schreiben, Essen und vielem mehr. Dabei helfen leider auch Medikamente in vielen Fällen nicht ausreichend", sagt Lars Timmermann, Neurologe an der Uniklinik Köln. Durch die gezielte Platzierung von Elektroden zur Tiefen Hirnstimulation (Hirnschrittmacher, Anm.Red.) in einer bestimmten Zielregion im Gehirn kann das Zittern in der Regel um über 80 Prozent reduziert werden. Das ist auch bei den Patienten der Fall, die auf Medikamente nicht ausreichend ansprechen.

Verwaschene Sprache

Die Elektroden haben an ihren Enden vier Kontakte, die je nach Bedarf und Wirkung mit einer bestimmten Stromstärke aktiviert werden. Bei vielen Patienten kann die optimale Wirkung der Tiefen Hirnstimulation nur durch eine unangenehme Nebenwirkung erreicht werden: Die Sprache der Patienten verschlechtert sich.
Experten gehen davon aus, dass für das Sprechen wichtige Nervenbahnen durch die Stimulation irritiert werden. Viele der Patienten zittern dann zwar nicht mehr, die Sprache ist aber verwaschen, einzelnen Silben können schlecht oder gar nicht mehr voneinander getrennt werden.

"Daher musste bislang oft die Stärke der Stimulation wieder reduziert werden, wodurch aber wiederum die völlige Kontrolle des Zitterns verringert wird", erklärt Michael Barbe, ebenfalls Neurologe an der Uniklinik Köln. Dies stellt sowohl für den Patienten als auch für den behandelnden Arzt ein Dilemma dar.

Unterschiedliche Stromstärken

Mit Hilfe einer neuen Generation von Hirnschrittmachern ist es nun möglich, über mehrere Kontaktstellen der Elektrode mit unterschiedlichen Stromstärken zu stimulieren. Der Unterschied im Detail: Bislang konnten zwar auch mehrere Kontakte aktiviert werden – allerdings immer nur mit der gleichen Stärke. Eine individuelle Stimulation durch die einzelnen Kontakte unterhalb der Nebenwirkungsgrenze war bislang nicht möglich.

In der Studie, an der die Klinik für Stereotaxie und Funktionelle Neurochirurgie der Uniklinik Köln unter der Leitung von Veerle Visser-Vandewalle beteiligt war, konnte belegt werden, dass eine individualisierte Verteilung des Stroms über zwei Kontakte bei gleicher Strommenge die gleiche Reduktion des Zitterns erbringt allerdings ohne eine gravierende Verschlechterung des Sprechens.

Theoretisch lassen sich die Ergebnisse auch auf Patienten mit beispielsweise Morbus Parkinson oder Dystonie übertragen, die mit der Tiefen Hirnstimulation behandelt werden. (red, derStandard.at, 19.2.2014)