"Wenn es dir nicht gelingt, einen Einführungskurs zu etwas zu geben, dann heißt das, du hast es nicht wirklich kapiert." Diese Erkenntnis wurmte Richard Feynman gewaltig. Es ist das Jahr 1978, Feynman ist 60 und hat eine Krebsoperation hinter sich. Und doch beschäftigt ihn am meisten, wie er seine Forschungsarbeit zur Quantenelektrodynamik, für die er 1965 den Physiknobelpreis erhielt, verständlich vermitteln kann.

Die Frage der Darstellung von hochkomplexen Theorien und Formeln zieht sich durch das Leben des unkonventionellen Wissenschafters - so ist es nur folgerichtig, es in Bildern zu erzählen. Dem gerecht zu werden, versuchen der Comic-Autor Jim Ottaviani und der Zeichner Leland Myrick in der Graphic Novel Feynman. Ein Leben auf dem Quantensprung, die kürzlich auf Deutsch erschienen ist. Mit klaren Linien und in blassen Farbtönen, die zwischen kühlem Blau-Grün und warmem Orange-Braun changieren, schildert die Comic-Biografie - mehr oder weniger sprunghaft - den Weg des genialen Querdenkers.

1918 als Sohn jüdischer Eltern im New Yorker Stadtteil Queens geboren, stachelte ihn sein Vater, ein Vertreter für Uniformen, schon früh an, seine Vorstellungsgabe zu trainieren. Seine Freude an der Physik - die er übrigens mit seiner Schwester Joan teilte - brachte ihn erst an das Massachusetts Institute of Technology (MIT) und später nach Princeton, wo seine Theorien einiges Aufsehen erregten - bei Kalibern seines Faches von Albert Einstein abwärts. 1942 holte ihn Robert Oppenheimer in die Wüste von New Mexico, nach Los Alamos, wo er als Mitarbeiter am streng geheimen Manhattan-Projekt an der Konstruktion der Atombombe mitarbeitete. Nach dem Krieg baute er zuerst an der Cornell-Universität und danach an der Caltech seinen Ruf als legendärer Vortragender und Physik-Revoluzzer auf.

Eigensinniger Nerd, Lebemann, Entertainer und Kindskopf

Tage- und nächtelanges Tüfteln war nicht alles in Feynmans Werdegang, das wird bei der Lektüre schnell klar. Auf seine Weise ein eigensinniger Nerd, war er zugleich Lebemann, Entertainer und Kindskopf. In kurzen Episoden weben Ottaviani und Myrick ein Netz aus launigen Anekdoten: Feynman, der sich einen Spaß daraus macht, die Safes seiner Kollegen in Los Alamos zu knacken. Der sich bis zum Karneval in Rio hinauftrommelt. Der in einem Stripclub Kellnerinnen porträtiert, der auf der Straße jeder Frau hinterherschaut, sich aber liebevoll um seine Ehefrau Arline kümmert, die 1945 an Tuberkulose stirbt. Feynman, der medienwirksam bei der Aufklärung der Challenger-Katastrophe hilft.

Was es mit den berühmten Feynman-Diagrammen auf sich hat und was hinter dem Konzept der Quantenelektrodynamik steckt, bekommt erst gegen Ende des Buches Platz - wohl um eine wissenschaftlich weniger ambitionierte Leserschaft nicht abzuschrecken. Dabei sind es gerade die mit Kritzeleien und Wortbildern gespickten Erklärungen zur Quantenphysik, die Feynman bis zu seinem Tod im Jahr 1988 zu einem exzellenten Wissenschaftskommunikator machten.

Trotz der dichten Struktur bleibt die Comic-Bio, die aus der Ichperspektive Feyn- mans erzählt ist, an einigen Stellen oberflächlich und wirkt teilweise wirr. Auch wurden die Möglichkei- ten, die das Medium bietet, nicht voll ausgeschöpft, bleibt die grafische Gestaltung im konventionellen Rahmen - ganz im Gegensatz zu diesem außergewöhnlichen Forscherleben. (Karin Krichmayr, DER STANDARD, 26.2.2014)

Jim Ottaviani, Leland Myrick: "Feynman. Ein Leben auf dem Quantensprung". Egmont-Verlag 2013

Cover: Egmont-Verlag
Illu.: Jim Ottaviani / Leland Myrick
Illu.: Jim Ottaviani / Leland Myrick
Illu.: Jim Ottaviani / Leland Myrick
Illu.: Jim Ottaviani / Leland Myrick