Veit Dengler.

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STANDARD: Die Auslandsexpansion des Medienkonzerns um die "Neue Zürcher Zeitung", über die Sie sich bisher ziemlich bedeckt gehalten haben, wird offenbar einen Schritt konkreter mit einem Projektleiter und einer Agentur.

Dengler: Nach einer ersten Prüfung wollen wir in Österreich weitermachen. Wir haben uns entschlossen, Michael Fleischhacker an Bord zu holen und die Agentur Mindworker zu engagieren. Deren Aufgabe ist es jetzt, uns Vorschläge zu erarbeiten für konkrete publizistische Produkte.

STANDARD: Vorschläge für ein digitales Medium oder auch ein gedrucktes?

Dengler: Die Vorschläge zielen in Richtung bezahlende Kunden. Ob sie für den einen oder anderen Kanal bezahlen oder für eine Kombination, das müssen wir noch schauen.

STANDARD: Sie schließen ein Printprodukt für Österreich nicht aus: Täglich könnte ziemlich teuer werden - vielleicht wöchentlich, was Fleischhacker ja als einfacheren Weg für gedruckte Medien sieht?

Dengler: Es könnte all das sein. Wir wollen Michael Fleischhacker und Mindworker kreativen Raum und auch kundenanalytisch arbeiten lassen.

STANDARD:  Die "NZZ" in der Schweiz hat nach gut einem Jahr Pay-Modell rund 18.000 bezahlte Digitalabos mit E-Paper, Webpaper und Onlinezugang. Bei der "NZZ" muss man, wenn mich nicht alles täuscht, nach 20 Artikeln zahlen. An dem Punkt hat man bei einem Österreich-Portal womöglich schon viele lokale Inhalte konsumiert. Haben Sie konkretere Vorstellungen über das Bezahlmodell?

Dengler: Man kann Inhalte kostenlos anteasern, man kann Samples verschenken - aber man kann nicht sein eigentliches Produkt verschenken, wie wir in der Branche das in der Vergangenheit gemacht haben. Journalistische Arbeit ist wertvoll. Es kostet sehr viel, dieses Produkt herzustellen. Wir sind davon überzeugt, dass es einen Markt gibt von Leuten, die für Qualitätsjournalismus bezahlen. Auch muss die Usability des Produkts sehr gut sein, es muss sehr gut aussehen. Insgesamt muss es viele Kriterien erfüllen, dass es für den Kunden wertvoll wird. Dann aber gibt es sehr wohl einen Markt.

STANDARD: Wie groß ist der Markt, das Kundenpotenzial in Österreich nach Ihrer Einschätzung?

Dengler: Diese Einschätzung und Bewertung ist Aufgabe von Michael Fleischhacker und Mindworker in den nächsten Monaten. Für ein Qualitätsmedium wie die NZZ geht es nicht um maximale Reichweite. Es geht darum, was passiert in der Welt, was sind die Hintergründe in der Welt und in Österreich für die Wirtschaftsberichterstattung, das Feuilleton, für wirklich qualifizierte Kommentare. Das sind Themen, die einen Markt haben. Wir werden einen Teil davon erobern.

STANDARD: Wieviel lokalen Inhalt kann man von einem NZZ-Medium für Österreich erwarten? Die NZZ im Rücken bietet ja Zugriff auf einen großen Pool an ohnehin für das Mutterschiff produzierten Inhalten.

Dengler: Es gibt natürlich viele sehr gute Inhalte in Zürich. Aber sie müssen auch für den österreichischen Markt und für den österreichischen Leser passen. Wie diese Mischung aussieht, muss man erarbeiten.

STANDARD: Schon nach den ersten vagen Ankündigungen haben sich viele Medienleute aus Österreich beworben. Haben Sie eine Vorstellung, wieviele Journalisten für ein solches NZZ-Medium für Österreich arbeiten werden? Michael Fleischhackers Wochenprojekt soll auf sieben bekannte Autoren plus Mitarbeiter angelegt gewesen sein.

Dengler: Wir starten zunächst mit Michael Fleischhacker, unterstützt von Mindworker. Dann muss man schauen, welches Produkt das wird.

STANDARD: Wieviel Geld haben denn für dieses Projektstadium für Österreich weggelegt?

Dengler: Dazu können wir nichts sagen.

STANDARD: Aber es wird noch ein bisschen übrig bleiben von den zuletzt beschlossenen 10 Millionen Franken Investition in publizistische Projekte?

Dengler: Die 10 Millionen werden in das publizistische Kerngeschäft in der Schweiz investiert.

STANDARD: Michael Fleischhacker hat nach seinem Abschied von der "Presse" ja schon intensiv am Projekt eines digitalen Wochenmagazins gearbeitet, darauf kann er nun vermutlich zurückgreifen. Was ist der Zeithorizont für das Projekt?

Dengler: Wir werden uns die Zeit nehmen, die wir brauchen, um vor allem Qualität zu liefern, für die die "NZZ" ja steht.

STANDARD: Würden Sie eine Wette eingehen, dass ein solches Medium für Österreich noch heuer zu lesen und zu bezahlen ist?

Dengler: Ich rechne nicht unbedingt damit. Sie kennen die Vorlaufzeiten im Druck, wir müssen eine Technologie bauen, die wirklich gut und userfreundlich ist, wir müssen Werbepartner  finden, einen Marketingplan aufbauen. Das dauert alles seine Zeit. Bei diesen Entscheidungen ist es mir wichtiger, dass wir richtig liegen, als dass wir schnell sind.

STANDARD: Stichwort Partner: Planen sie Partnerschaften mit lokalen Medien?

Dengler: Wir haben noch nichts ausgeschlossen.

STANDARD: Das ist ein Projekt für Österreich. Ist Österreich da Testmarkt für Deutschland? Oder gibt es parallel schon solche "NZZ"-Aktivitäten für Deutschland?

Dengler: Für uns ist der deutsche Markt schon wegen seiner Größe sehr interessant. Man kann da sehr gut skalieren. Und natürlich lernen wir aus verschiedenen Aktivitäten in der Schweiz, aber auch aus dem Projekt in Österreich, wie wir den deutschen Markt angehen.

STANDARD: Aber erster Schritt ist Österreich und nicht schon parallel Deutschland?

Dengler: Ja.

STANDARD: Was würden Sie als Erfolg eines solchen Projektes definieren? Wann funktioniert es aus Ihrer Sicht?

Dengler: Dieses Projekt ist Teil eines größeren Projektes: Dass für Qualität bezahlt werden muss. Der Erfolg unsere Branche  - und der NZZ-Mediengruppe -  wird davon abhängen, dass sie sich auch digital durchsetzt, für ihre Werke bezahlt wird. Sonst können wir uns keine Qualität mehr leisten. Das hätte gravierende Auswirkungen auf die Medienhäuser, aber letztlich auch auf die Demokratie. (fid, derStandard.at, 14.3.2014)