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Billiges Hendl-Fleisch durch Gentechnik-Soja in Deutschland.

Foto: Patrick Seeger dpa/lsw

In Deutschland überraschte am Samstag der Supermarkt-Diskonter Aldi: Er reduzierte die Preise für Frischfleisch um bis zu zehn Prozent. Möglich machte die Preissenkung eine Verlautbarung der des Zentralverbands der Deutschen Geflügelwirtschaft, der im Februar seine Zusage zurücknahm, nur gentechnikfreies Futter zu verwenden. Auch der Bundesverband Deutsches Ei zog kurz darauf nach. Indem künftig gentechnisch verändertes Soja verfüttert wird, sinkt der Preis für die Fleischproduktion.

Die österreichische Aldi-Schwester Hofer will zu ihrer künftigen Preispolitik bei Frischfleisch keine Auskunft geben. Man handle aus strategischen Gründen. Die Supermarktkette hält allerdings fest, dass man als aktives Mitglied der ARGE Gentechnikfrei seit Jahren mit Lieferanten daran arbeite, das Sortiment an gentechnikfreien Lebensmitteln zu erweitern. Alle österreichischen Lieferanten von Hühnerfleisch würden bereits ausschließlich gentechnikfreies Futter verwenden, was von einer unabhängigen Prüfstelle kontrolliert werde. Bei Putenfleisch könne dagegen nicht garantiert werden, dass die Fütterung gentechnikfrei erfolge.

Problemfall: Putenproduktion

Auch die Gentechniksprecherin von Greenpeace Österreich, Dagmar Urban, geht nicht davon aus, dass Österreich dem deutschen Markt bei der Umstellung folgen wird. Vor allem Hühnerfleisch in heimischen Supermärkten stamme aus österreichischen Betrieben, die sich alle der gentechnikfreien Fütterung verpflichteten.

Heidemarie Porstner, Gentechniksprecherin bei Global 2000, nimmt allerdings vor allem bei den Produzenten von Putenfleisch wahr, dass es eine Bereitschaft zur Umstellung auf gentechnisch veränderte Futtermittel gibt. Das liegt unter anderem an der Größe des Putenmarkts, der viel europäischer ausgerichtet ist, als es bei anderen Fleischsorten der Fall ist, und der deshalb einem größeren Preisdruck unterliegt.

Dabei müssten die Konsumenten im Geschäft für ein Kilogramm Frischfleisch nur zwischen acht und zehn Cent mehr bezahlen, um gentechnikfreie Fütterung zu garantieren. Bereits im Jahr 2013 wurden rund zehn Prozent weniger Futtermittel aus Österreich auf dem heimischen Markt verkauft, obwohl die Fleischproduktion gleich geblieben war.

Verunreinigungen befürchtet

Die Deutsche Geflügelwirtschaft argumentiert den Umstieg unter anderem damit, dass dem Konsumenten das Label "gentechnikfrei" nicht immer garantiert werden könne. Häufig komme es beim gleichzeitigen Transport von verändertem und unverändertem Soja aus Brasilien zu Verunreinigungen über die festgelegten Toleranzgrenze von 0,9 Prozent hinaus.

Diesem Argument hält Florian Faber, Geschäftsführer der ARGE Gentechnikfrei, entgegen, dass mittlerweile die Sojabohnen per Container- und nicht mehr per Frachtschiff nach Europa gebracht würden. Dadurch könnten Verunreinigungen leichter vermieden werden.

Haftungsfrage

Ein Problem sieht Rupert Bauinger, Geschäftsführer des Futtermittelherstellers Fixkraft, allerdings bei der Haftungsfrage. Sollten Produkte, die mit dem Label "gentechnikfrei" ausgestattet wurden, verunreinigt sein und es zu einer Rückholaktion kommen, müssten meist die Futtermittelhersteller haften. Denn bei ihnen lasse sich zuerst eine Verunreinigung nachweisen. Hier müsse weitere Rechtssicherheit geschaffen werden.

Dass Deutschland nun aus der Verpflichtung zu gentechnikfreiem Futter aussteigt, könnte laut Bauinger auch Auswirkungen auf Österreich haben. Machen Großhändler mit gentechnikfreiem Soja nicht genügend Umsatz, würden sie es in der Folge aus dem Programm nehmen, vermutet er. Der österreichische Markt sei dann auf weniger Anbieter angewiesen, die mit den Preisen in die Höhe gehen könnten.

Verpflichtung zu gentechnikfreiem Soja

Auswirkungen auf weitere österreichische Supermarktketten soll der Preisdruck aus Deutschland nicht haben. Sowohl der Rewe-Konzern (Billa, Merkur, Penny) als auch Spar sehen sich als Gründungsmitglieder der ARGE Gentechnikfrei weiterhin in der Pflicht, auf gentechnisch verändertes Soja bei der Fleischproduktion zu verzichten, und wollen sogar auf europäischen Anbau setzen.

Die Kritik an gentechnisch verändertem Soja bezieht sich vor allem darauf, dass die Langzeitauswirkungen auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit noch zu wenig erforscht wurden. Zudem sind sich Umweltschutzorganisationen einig, dass Sojapflanzen, die gegen Pestizide immun sind, die Biodiversität gefährden. Über Sojaplantagen in Südamerika werden großflächig Umweltgifte versprüht, die alle Pflanzen außer die Sojapflanzen selbst absterben lassen. Zudem leiden die Arbeiter auf den Plantagen unter gesundheitlichen Folgen des Pestizideinsatzes. Besonders schädlich sind die Umweltgifte für Schwangere und Kinder. (Bianca Blei, derStandard.at, 20.3.2014)