Die Ankaufsempfehlung des Herrn Kommerzialrats Karlheinz Essl an die Republik Österreich, sie möge seine Privatsammlung erwerben, wirft ein bizarres Licht auf das Selbstverständnis über das kulturelle Mäzenatentum und die jederzeitige Umkehrbarkeit von privat und öffentlich (Anmerkung: Die Würdigung der bisherigen Leistungen von Herrn Essl in Bezug auf seine Kunstmaßnahmen steht hier einmal außer Diskussion).

Zu geringe Lust

Hingegen wird mit der Ankaufsempfehlung die bekannte Praxis von in Not geratenen Sammlern und Museumsgründern zur Sprache gebracht. Immer dann, wenn sie im Laufe der Zeit zu geringe Lust an der Kunst verspüren, auch über zu geringes Kapital verfügen, versuchen sie den Staat in die Pflicht zu nehmen. Und dies gleich mit der Drohung "des Verlustes des Ansehens einer ganzen Kulturnation".

Die Vorstellung, dass die Allgemeinheit aufzufangen hätte, was der Private nicht mehr in die Gänge bringt, ist inmitten der Finanzmarktkrise und des Hypo-Desasters ohnehin nicht mehr zu vermitteln. Diese Vorstellung widerspricht aber vom Grundsatz her der generellen Idee von privatem Kunstengagement, das sich eben dort einbringt, wo der Staat objektive Defizite aufweist und auch zu geringe Mittel zur Verfügung stellt.

In diesem Sinne substituierten und erweiterten die Aktivitäten rund um die Sammlung Essl sehr wohl das kulturelle Angebot der "Kulturnation Österreich". Aber dieses "nationale Engagement" war an die Bedingung geknüpft, dass Herr Essl für seine Sammlung, seine Ausstellungen, seine Ankäufe sein Kapital einsetzt. Insofern ist es dem Privatmann Essl auch unbenommen gewesen, frei nach Lust und Laune, frei von äußeren Zwängen, frei von fremden Verpflichtungen, frei von politischen Einflussnahmen, frei von den Gepflogenheiten des Kunstmarkts anzukaufen, auszustellen, zu sammeln, zu spekulieren.

Insofern bildet dieses vollkommen unabhängige, freie Engagement ein produktives Pendant zu den unausgesprochenen, vielfach restriktiven Vorgaben und Praktiken der öffentlichen Ausstellungshäuser, Museen und Sammlungen. In diesem Sinne und in dieser Logik erweist sich privates Engagement als kreativer Stachel gegenüber dem öffentlichen Kunstbetrieb!

Freie Entscheidung

Gemäß dieser Vorstellung erweist sich der Ankauf einer Privatsammlung durch die "Kulturnation Österreich" als kontraproduktiv. Und ist aus einer Vielzahl von Gründen abzulehnen. Selbst eine diesbezügliche Schenkung an die Republik wäre schon zu hinterfragen. Der Hauptgrund liegt in der falschen Zeichensetzung, in der Pervertierung der Idee, dass privates Engagement in der Verstaatlichung landet. Der Platz der Sammlung Essl ist dort, wo sie ihren Ausgang genommen hat, ist dort, wo der Kunstmäzen seine Entscheidungen in voller Freiheit hat treffen können, ist dort, wo über die Verwertung der Sammlung frei entschieden wird: auf dem Kunstmarkt. (Richard Kriesche, DER STANDARD, 27.3.2014)