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Schämen, buckeln": FPÖ-Stiftungsrat Norbert Steger verlas eine grantige SMS von "Kurier"-Chef Helmut Brandstätter bei seiner Geburtstagsfeier, veranstaltet von FP-Chef Strache.

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Wien - So schroff las sich der Geburtstagsgruß, dass Norbert Steger am SMS-Absender zweifelte: "Helmut Brandstaetter" fragte den FPÖ-Stiftungsrat im ORF, ob er sich nicht schäme, mit 70 "vor der Partei buckeln zu müssen". Attestierte ihm Unwissen über den ORF und dass Steger von freien Medien so viel halte wie FP-Chef Heinz-Christian Strache.

Steger bekam die SMS am 70. Geburtstag im ORF. Der Stiftungsrat hat an diesem 6. März den Küniglberg als zentralen Wiener Standort beschlossen. Und gerade hat DER STANDARD zitiert, was Steger über Brandstätter im Finanzausschuss gesagt hatte: Der frühere Vizekanzler und FP-Chef sah einen kritischen "Kurier"-Bericht zum Küniglberg als Versuch, ORF-Organe "unter Druck zu setzen". Wenn man wisse, "dass der Kurier-Chef gerne Chef im ORF wäre", fand Steger Bericht und vermutete Absicht "skandalös" .

Da griff Brandstätter zum Handy: Von Stegers politischer Tätigkeit sei ihm in Erinnerung, dass er "Henkel mit Henkell verwechselt" habe*. Ein Lapsus Stegers als Vizekanzler bei der Verleihung eines Staatspreises, als er dem damaligen Generaldirektor des Waschmittelkonzerns Henkel, Franz Kafka, versicherte, er trinke seine Produkte gern, weil er ihn mit dem Sekthersteller verwechselte. So groß sei nun auch Stegers Expertise über den ORF, smste Brandstätter.

Die SMS las Steger Mittwochabend vor, als Parteichef Strache zu seiner Geburtstagsfete lud. Unter den 200 Gästen: ORF-Chef Alexander Wrabetz und Technikdirektor Michael Götzhaber, der SP zugeordnet; Finanzdirektor Richard Grasl, bürgerlich-niederösterreichisch. Und Thomas Prantner, Technikvize und Verbindungsmann vor allem zur FPÖ.

Freiheitliche Stiftungsräte spielen bei Generalswahlen häufig eine Schlüsselrolle zwischen Rot und Schwarz. Derzeit: Steger und Siggi Neuschitzer, den die errötete Kärntner Landesregierung nun einstimmig wiederbestellte.

Mini-Reparatur

2016 wird wieder ein ORF-Chef bestellt, vielleicht auch früher, gemessen an Wrabetz' Popularität im Kanzleramt. Bis Ende April wird der ORF-Stiftungsrat besetzt.

Mittwoch nahm die Regierungsmehrheit im Nationalrat eine Etappe dorthin: Die Mini-Reparatur der ORF-Gremien dürfte die Verhältnisse im Stiftungsrat fortsetzen - die SPÖ als stärkste Fraktion, knapp unter der einfachen Mehrheit, die Generäle bestimmt.

Die SPÖ-Spitze soll Brandstätter schon der ÖVP als bürgerlichen ORF-General angetragen haben, dafür etwa Burgenlands Landesdirektor Karlheinz Papst oder Stefan Ströbitzer als TV-Direktor und womöglich einen neuen Finanzdirektor. Die ÖVP soll abgewunken haben; sie dürfte ihre Personalvorstellungen ungern der SPÖ überlassen. Und Brandstätter hat 2012 erklärt, er bleibe bis 2019 Kurier-Herausgeber und schließe bis dahin ORF-Ambitionen aus. Womöglich erzürnte ihn, dass Steger das nicht glaubte.

Steger will sich nicht zu der SMS äußern, und er klingt, als würde er nicht mit einem ORF-General Brandstätter rechnen. Das würde dessen Aussagen quasi bestätigen.

Die Mediensprecher der Opposition sehen die Chance zur "Entparteipolitisierung" (Rouven Ertlschweiger, Team Stronach) des ORF durch neue Gremien verpasst. Die Grünen beantragten ohne Erfolg, Partei- und Regierungsmandate im Stiftungsrat zu streichen. Mediensprecher Dieter Brosz: "Offenbar glauben die Regierungsparteien immer noch, durch Zugriff auf die ORF-Gremien Wahlen gewinnen zu können."

Niko Alm (Neos) stellte Mittwoch eine Grundsatzfrage, ob und wofür man den ORF noch braucht. Im O-Ton die Passage aus der Rede: "Der Idealzustand ist nicht, dass wir uns ein Medienhaus leisten, das ein Defizit ausgleicht, das der Markt angeblich nicht bedienen kann. Das ist vielleicht die bestmögliche Lösung, aber sicher nicht der Idealzustand. Ich sage bewusst 'angeblich', aber nicht, um damit zu unterstellen, dass der Markt das derzeit leisten kann, sondern deshalb, um den Hinweis zu geben, dass wir uns diese Frage immer wieder stellen müssen – nicht jede Woche, vielleicht nicht jedes Jahr, aber in regelmäßige Abständen. Und wenn wir zu dem Schluss kommen, dass wir den ORF brauchen und wollen, dann ist er ja in seiner Wichtigkeit dadurch gestärkt. Das wollen wir heute nicht diskutieren, aber wir wollen es diskutieren."

Alm nahm den in Verhandlung befindlichen Antrag, die Social-Media-Beschränkungen für den ORF aus dem Gesetz zu streichen, in seine Rede auf. Damit hatte der Nationalrat am Mittwoch auch darüber abzustimmen - nur die Grünen und Neos stimmten zu. Der zuständige Ausschuss behandelt ihn weiter.

Team Stronach und Neos stimmten mit der Koalition für die Reparatur der Faxwahl - aber laut Alm unterstützten sie den weiter gehenden Antrag der Grünen dazu. (fid, DER STANDARD, 27.3.2014, online ergänzt)