Nun ist Angelika Werthmann also doch noch Spitzenkandidatin einer Partei für die EU-Wahlen im Mai. Das wollte die 50-jährige Salzburgerin schon seit langem, konkret seit Juli 2012. Da wurde die fraktionslose EU-Abgeordnete, die auf der Liste von Hans-Peter Martin (HPM) 2009 ihr EU-Mandat bekam (sich mit ihm aber wegen seines Umgangs mit Parteienförderungsgeldern zerstritt), von der Fraktion der Liberalen im Europaparlament (Alde) aufgenommen.

Klubchef Guy Verhofstadt stellte sie der Presse als künftige Hoffnungsträgerin für das liberale Lager in Österreich vor. 2012 gab es die Neos noch nicht. Und das Liberale Forum (LIF) dümpelte eher erfolgslos vor sich hin. Aber es kam ganz anders.

Nicht das LIF, sondern die Neos schafften im Herbst 2013 den Einzug in den Nationalrat. Werthmanns Versuche, dann bei der Wahlplattform Neos/LIF anzudocken, gingen schief. Bereits während der Vorwahlen zog die EU-Abgeordnete ihre Bewerbung um einen Listenplatz zurück - offiziell wegen eines Streits um "gekaufte" Wahlempfehlungen, was Neos-Gründer Matthias Strolz zurückwies.

Vor wenigen Wochen gab Werthmann dann zur Überraschung ihrer Fraktion in Straßburg bekannt, dass sie für das Bündnis Zukunft Österreich antrete: auf Platz zwei hinter Ulrike Haider-Quercia, der Tochter Jörg Haiders.

Für das in Auflösung stehende BZÖ war das praktisch. Die Unterschrift der EU-Abgeordneten sicherte eine EU-Kandidatur, man musste nicht Unterschriften von Unterstützern sammeln.

Doch Haider-Quercia gab wieder auf. Und Werthmann ist dran.

Der Preis: Die Alde schloss sie aus der Fraktion aus - nicht ohne Bedauern, wie ein Insider erzählt. Für ihre sachliche Arbeit wurde sie dort geschätzt. Sie engagierte sich für Frauenrechte, für die Aussöhnung auf Zypern, gegen den Bauwahnsinn an Spaniens Küste beispielsweise, saß im Budgetausschuss. Aber das BZÖ, von Haider drei Jahre vor seinem Unfalltod 2008 als Abspaltung von der FPÖ gegründet, ist für Europas liberale Dachpartei tabu. Die Liberale Internationale hatte die FPÖ 1993 wegen Haiders Anti-Ausländer-Volksbegehren zum Austritt gezwungen. Und: Für das BZÖ sitzt derzeit (noch) Ewald Stadler im EU-Parlament, der durch Anti-EU-Attacken und radikale Sprache auffällt.

Der lange Weg der studierten Sprachwissenschaftlerin Werthmann von HPM zum BZÖ gibt also einige Rätsel auf. Vermutlich ist es einfach beider letzte Chance. (Thomas Mayer, DER STANDARD, 10.4.2014)