"Her favorite part was just being able to walk up and down the stairs again of the villa in the Tuscany demo. I guess we take a lot of things for granted."

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So sah sich Roberta Firstenberg selbst in Google Street View wieder.

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Nach einer gescheiterten Krebstherapie vergangenes Jahr erfuhr Roberta Firstenberg von ihren Ärzte, dass sie nur noch ein paar Monate zu leben hätte. Daraufhin beschloss ihre Enkelin, eine in Seattle ansässige Videospielkünstlerin namens Priscilla, ihrer Großmutter ein letztes Geschenk zu machen: Mithilfe einer Virtual-Reality-Brille (VR) sollte die mobil schwer eingeschränkte Dame noch einmal an die schönsten Orte der Welt reisen können.

Nach einem bewegenden Brief an die Hersteller des VR-Headsets Oculus Rift erhielt Priscilla kurzerhand einen der Prototypen für Entwickler und ermöglichte ihrer Großmutter so als Erstes einen Spaziergang rund um eine toskanische Villa samt virtueller Bäume, Schmetterlinge und Sonnenstrahlen - eine von mehreren Technikdemos für das Gerät.

Großer Traum

Priscilla veröffentlichte ein Video von dem Erlebnis auf Youtube und fragte die Seher, was sie ihrer Oma als Nächstes zeigen könnte. Dabei stach die VR-Version des Straßen-Panorama-Dienstes Google Street View heraus, was Roberta an einen Tag erinnerte, an dem sie gerade im Garten gearbeitet hatte und ein Google-Street-View-Auto an ihr vorbeigefahren sei. Sie habe dem Fahrer zugewunken.

Wenig später hatte Priscilla besagte Aufnahmen parat, ließ ihre Großmutter virtuell in die Vergangenheit reisen und ihr damaliges Ich und ihren verstorbenen Hund wiedersehen. Begeistert von den Möglichkeiten beschlossen die beiden, eine Liste mit allen Orten zu erstellen, die Roberta noch vor ihrem Tod besichtigen wolle. Priscillas Plan sah die Kreation einer virtuellen Welt vor, in der alle Wasserfälle, Wälder und Sehenswürdigkeiten für ihre Großmutter vereint sein würden.

Wegweisend

Schlussendlich schritt der Krebs jedoch schneller voran als das ambitionierte Vorhaben der Künstlerin. Roberta war schon zu schwach, um in die virtuellen Welten entschwinden zu können, und starb wenig später im Kreise ihrer Familie.

"Robertas Erfahrung mit Oculus Rift ist nur ein kleiner Fingerzeig in Richtung der Möglichkeiten der virtuellen Realität. Es ist Eskapismus in seiner plastischsten Form, der das Leben jener Menschen mit schweren, beeinträchtigenden Limitierungen ändern kann", schreibt Priscilla rückblickend in ihrem Blog.

Viel Potenzial

Mit ihrer Geschichte haben die Firstenbergs viel Aufmerksamkeit auf den gerade eben entstehenden Virtual-Reality-Markt gelenkt. 2015 werden mit Oculus Rift von Facebook und Project Morpheus von Sony die ersten massenmarkttauglichen Headsets für PC und Konsole erwartet. Wenn auch Videospiele als primäres Anwendungsgebiet gelten, sehen Hardware- wie Softwarehersteller doch bereits viele andere Einsatzzwecke voraus - von edukativen Bereichen bis hin zum Tourismus und zu Therapieansätzen.

"Das Headset erlaubte es Roberta, wieder zu gehen, nach virtuellen Schmetterlingen zu greifen und, wenn auch nur für einen kurzen Moment, all ihre Probleme zu vergessen. Spieler träumen seit Jahrzehnten von Virtual Reality (...), aber Robertas Geschichte lässt uns auf etwas noch Profunderes als Games hoffen: eine Veränderung des Lebens zum Besseren", schreibt Priscilla.

Experimente

Wie sie experimentieren auch andere Künstler mit dem Potenzial von VR-Headsets. Im Jänner stellte ein Team spanischer Studenten mit "The Machine to be Another" eine VR-Installation vor, bei der Männer in den Körper von Frauen schlüpfen können und umgekehrt. "Als Teil einer sozialen Gesellschaft ist es wichtig, ,das Gegenüber' und ,einander' besser zu kennen, um sich selbst besser zu verstehen", hieß es damals.

Und auch der Tod wird Teil der irrealen Auseinandersetzung: Im Mai 2013 ließ mit dem "Guillotine Simulator" ein Entwicklertrio die Besucher des dänischen Exile Game Jam wissen, wie es ist, seinen Kopf unter dem Beil zu verlieren. Ein verstörendes Erlebnis, das vielen jedoch die Augen für die Grenzenlosigkeit von VR öffnete. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 22.4.2014)

Video: Grandmother Uses Oculus Rift as Therapy