Moskau/Nasran - Die nordkaukasischen Völker der Inguschen und Tschetschenen bekennen sich zum sunnitischen Islam und sind eng verwandt. Im 19. Jahrhundert kamen sie unter russische Herrschaft. Nach der kommunistischen Oktoberrevolution 1917 erhielten die Inguschen und Tschetschenen zunächst jeweils ein eigenes autonomes Gebiet. 1934 wurden die beiden Gebiete zusammengelegt, um 1936 den Status einer Autonomen Sowjetrepublik ("Tschetscheno-Inguschetien") zu erhalten.

Die Inguschen sind im Zweiten Weltkrieg gemeinsam mit den Tschetschenen wegen angeblicher Kollaboration mit der deutschen Besatzungsmacht nach Sibirien und Kasachstan deportiert worden. Nach ihrer Rehabilitierung im Jahre 1957 konnten sie in den Nordkaukasus zurückkehren. Die wiedergegründete tschetschenisch-inguschetische Autonome Republik umfasste jedoch nur teilweise die Gebiete, in dem die beiden Völker vor dem Krieg gelebt hatten.

Besonders umstritten sind die Vororte der nahen nordossetischen Hauptstadt Wladikawkas, wo sich nach der Vertreibung der Inguschen nach dem Krieg Osseten angesiedelt hatten. Im Oktober 1992 brach wegen dieser Gebiete ein offener Konflikt zwischen Inguschen, die in ihre Heimatdörfer zurückkehren wollten, und Osseten aus.

Erst die Unabhängigkeitserklärung der Tschetschenen im Herbst 1991 unter dem von Moskau nicht anerkannten Präsidenten Dschochar Dudajew trennte die beiden Völker wieder. Auf Grund eines Beschlusses des russischen Parlaments wurde die Republik Inguschetien im Juni 1992 im Westteil der Kaukasusrepublik Tschetschenien-Inguschetien mit der Hauptstadt Nasran gegründet. Der frühere sowjetische Offizier und Held des Afghanistan-Krieges General Ruslan Auschew war im März 1993 zum Präsidenten Inguschetiens gewählt worden.

Ende Oktober 1998 wurde die Hauptstadt von Nasran nach Magas verlegt. Heute leben in dem 3.600 Quadratkilometer großen Land rund 460.000 Menschen, vorwiegen Inguschen. Präsident ist Murat Sjasikow. Die inguschetische Bevölkerung sympathisiert mit den Tschetschenen. Zu Beginn der russischen Intervention in Tschetschenien im Dezember 1994 wurden die Moskauer Panzerkolonnen bei ihrem Vormarsch in Inguschetien behindert. Zehntausende tschetschenischer Flüchtlinge leben seither bei Verwandten und Bekannten in Inguschetien. Die inguschetische Führung war jedoch stets bemüht, den Tschetschenien-Konflikt nicht übergreifen zu lassen. (APA/dpa/AFP)