Pasta und Grill scheinen auf den ersten Blick nicht füreinander geschaffen, was sehr schade ist. Pasta ist eines der beglückendsten Essensgenres, dem gerade einmal das (Erdäpfel-)Püree und vielleicht der Custard Konkurrenz macht, wenn's darum geht, sich einfach nur wohlzufühlen.

Der Grill wiederum ist für mich das schönste Kochgerät. Bei all seinen Mankos (Inkonsistenz, Unhandlichkeit): nichts verwöhnt alle Sinne bereits bei der Essenszubereitung so herrlich wie offenes Feuer, Rauch und Glut. Und glaubt man diesem großen Koch (oder diesem), dann bringt nichts den Eigengeschmack von Essen so gut hervor wie das Kochen über Holz. Ich habe daher versucht, den Grill und die Pasta doch zusammenzubringen. Und ich kann sehr zufrieden sagen: Es geht. Und zwar ganz hervorragend.

Foto: Tobias Müller

Es hat damit begonnen, dass ich derzeit alles räuchere, was mir in die Finger kommt. Seit ich das hier gelesen habe, wollte ich unbedingt ein Big Green Egg haben, und nun waren diese Leute so nett, mir eines für drei Monate als Testgerät zu borgen.

Die Idee, das Räuchern auch auf Pasta auszuweiten, verdanke ich diesen Blogschreibern  (und ihrem sehr spannenden Buch). Aki und Alex gehen die Räucherpasta auf zwei Arten an: Sie räuchern entweder fertige Industrienudeln direkt (das ist hier kein negatives Wort, sondern bezeichnet nur klassische maschinengemachte Pasta aus Hartweizen, mit der Hand schlicht nicht machbar) oder machen frische Nudeln aus geräuchertem (bzw. mit Flüssigrauch gemischtem) Mehl. Ich habe den Methoden noch meine eigene, ebenfalls von den beiden inspirierte Methode hinzugefügt, und die Pasta in geräucherter Suppe eingeweicht. Für vergleichbare Ergebnisse habe ich alle Versuche mit der gleichen Sorte Penne gemacht.

Kurz: Das "Harte-Nudeln-Räuchern" überlasse ich anderen, das Räuchermehl und das In-Suppe-Weichen waren, bis auf Kleinigkeiten, ein Volltreffer. Ich werde damit weiter experimentieren, wen's interessiert: Hier gibt's bald mehr davon.

Harte Nudeln räuchern

Aki und Alex von Ideas in Food backen ihre Nudeln manchmal eine halbe Stunde, um ihnen eine appetitliche Farbe und einen tieferen, getoasteten Geschmack zu geben. Anschließend räuchern sie sie für dieses Rezept zwei Stunden kalt. Nun besitze ich keinen Kalträucherofen und habe daher beschlossen, die beiden Prozesse einfach zu verbinden, und die Nudeln auf dem Grill gleichzeitig zu toasten und zu räuchern.

Foto: Tobias Müller

Ich habe Penne bei etwa 170 Grad etwa 45 Minuten geräuchert. Das Ergebnis hat anfangs sehr vielversprechend ausgesehen: Die Nudeln bekommen von dem Prozess eine wunderhübsche braune bis rötliche Farbe und riechen ganz köstlich. Auch der Geschmack war nicht schlecht (getoastet), der Rauch ging aber im Kochwasser großteils verloren - vielleicht, weil eine halbe Stunde Räuchern halt doch weniger ist als zwei.

Das größte Problem aber war, dass die geräucherten Penne zerfallen sind: Beim Kochen sind die dünnen Rillen gebrochen, das Ergebnis war ein zwar ganz gut schmeckender, aber sehr unansehnlicher Pasta-Brei, der mehr an Risotto denn an Nudeln erinnert hat.

In geräucherter Suppe einweichen

Beim Pasta-Kochen passieren zwei Dinge: Einerseits saugt die Stärke sich mit Wasser voll, andererseits lässt die Hitze die rehydrierte Stärke gelieren. Diese beiden Prozesse kann man aber auch ziemlich komplett voneinander trennen - indem man die Pasta vor dem Kochen in Flüssigkeit ziehen lässt. Danach sind die Nudeln rehydriert und haben die Nudeln eine ähnliche Konsistenz wie sehr al dente gekocht, sie schmecken allerdings noch unangenehm mehlig. So vorbereitet lassen sie sich problemlos ein paar Tage im Kühlschrank aufheben.

Foto: Tobias Müller

Das Einweichen hat drei Vorteile: Erstens kochen solcherart behandelte Nudeln extrem schnell, Penne brauchen nicht einmal zwei Minuten - für Restaurants, die Pasta à la minute servieren, ist das großartig.

Zweitens wäscht das Einweichen Stärke von der Oberfläche der Nudeln - sie können anschließend direkt in der Sauce fertiggekocht werden, ohne dass diese dadurch unangenehm stärkehaltig wird oder zu sehr bindet. Und drittens - und darum ging es mir - erlaubt das Ziehenlassen, den Nudeln selbst jede Menge Geschmack zu verpassen.

Foto: Tobias Müller

Als ich mich an den Pastaversuch gemacht habe, habe ich etwas Hühnerfond übrig gehabt, den ich aus den Resten eines Grillhuhns am Tag davor gekocht habe. Ich habe die Suppe in eine flache Pfanne gepackt, damit sie eine möglichst große Oberfläche hat, und bei 120 Grad 40 Minuten geräuchert.

Alle zehn Minuten habe ich sie umgerührt, um sie abzukühlen und um die Oberfläche weiter zu vergrößern. Dann habe ich die Penne zwei Stunden in dem Fond eingeweicht, herausgenommen und am nächsten Tag wieder im Fond zwei Minuten gekocht und zu Erbsen-Carbonara verarbeitet.

Foto: Tobias Müller

Das Ergebnis: hervorragend. Köstliche Carbonara ganz ohne Speck. Das Raucharoma bleibt wunderbar erhalten, die Suppe gibt den Nudeln Kraft und Tiefe. Die Erbsen waren nicht mehr optimal frisch, aber immer noch für den süßen Kick gut. Die Methode funktioniert sicher auch mit nichtgeräuchertem Fond gut bzw. lässt sich auch für vegetarisches Essen adaptieren, indem man etwa diverse Gemüsesuppen räuchert. Sogar Räucherwasser sollte funktionieren. Oder Sie nehmen einfach zum Fondmachen die Reste eines Räucherhuhns. Oder Spareribs. Die Möglichkeiten sind endlos.

Zu Testzwecken habe ich übrigens einige Nudeln in der Suppe gekocht, ohne sie vorher einzuweichen. Der Geschmackstransfer hat nicht annähernd so gut funktioniert. Das Ziehenlassen dauert zwar und verlangt Planung, es zahlt sich aber ziemlich aus.

Geräuchertes Mehl

Der vielleicht erfolgreichste Versuch, wegen seiner Einfachheit und vielseitigen Anwendbarkeit. Ich habe das Mehl dünn auf Alufolie verteilt (große Oberfläche) und bei 100 Grad 20 bis 30 Minuten Minuten geräuchert und etwa alle zehn Minuten immer wieder umgerührt, damit es nicht verbrennt. Die Idee war, es keine Farbe nehmen zu lassen.

Foto: Tobias Müller

Ein paar Tage später haben die Australierin und ich daraus Nudeln gemacht. Die meisten geräucherten Dinge brauchen zumindest zwölf Stunden, um ihr Aroma voll zu entwickeln: Das Mehl hat nach der Ruhepause herrlich gerochen, der Pastateig, den die Australierin daraus geknetet hat, noch einmal besser, ein wenig wie eine Mischung aus Brot und Holzofen.

Aus dem Teig haben wir Ravioli gemacht und diese mit einem Püree aus roten Rüben, Pinienkernen und Ziegentopfen gefüllt. Drüber kamen etwas braune Butter und in der Butter frittierter Thymian, darunter noch extra Püree.

Foto: Tobias Müller

Geschmacklich war das eines der besten Dinge, die ich je gekocht habe: süß und erdig, rauchig und nussig, cremig und mit Biss, perfekt balanciert, ein Glücksmoment. Einzig die Konsistenz der Pasta war nicht ganz perfekt, sie war etwas fester als sonst, zu kernig für meinen Geschmack.

Jetzt ist die Australierin normalerweise eine sehr gute Pasta-Macherin. Ich vermute daher, dass sich die Eigenschaften des Mehls durch das Räuchern bzw. die Hitze etwas ändern und der Teig daher etwa mehr Eigelb braucht als sonst. Versuche dazu werden ganz sicher folgen.

Foto: Tobias Müller

Abgesehen von herrlichen Nudeln öffnet das Räuchermehl noch viele andere Türen: zu Räucherpalatschinken etwa, Räucherbrot oder einer geräucherten Tarte Tatin. Posten Sie all Ihre Ideen!