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Wien - Der türkische Staat will angeblich eine Imamschule in Österreich eröffnen, berichteten die "Salzburger Nachrichten" am Mittwoch. Die Zeitung beruft sich dabei auf einen Bericht des türkischen Religionsamts aus dem Jahr 2013. Darin heißt es, dass im Ausland drei türkische Priester- und Predigerschulen errichtet werde sollen: in Straßburg (Frankreich), New Jersey (USA) und Wien.

Wäre es beim Bau nicht zu Verzögerungen gekommen, hätte die Schule in Wien-Simmering bereits im Herbst eröffnet werden sollen, sagte der Sprecher der Islamischen Förderation der Zeitung. Aus dem Büro von Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) heißt es allerdings, ein entsprechender Antrag für die Schulgründung sei weder im Unterrichtsministerium noch im Außenministerium eingegangen.

Öffentlichkeitsrecht oder Staatsvertrag 

Grundsätzlich würde es nach Auskunft des Bildungsministeriums zwei Möglichkeiten geben, die offizielle Anerkennung einer Privatschule in Österreich zu erreichen: das vom Ministerium verliehene Öffentlichkeitsrecht oder einen Staatsvertrag zur Anerkennung eines ausländischen Schultyps in Österreich.

Angemeldet werden müsste eine Privatschule via "Errichtungsanzeige" jedenfalls beim Wiener Stadtschulrat. Und auch dort betonte man am Mittwoch, noch nichts von einem derartigen Projekt zu wissen.

Ausbildung nach Schulpflicht

Bei einer konfessionellen Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht wären die Bildungsabschlüsse in Österreich nicht anerkannt. Laut Yakup Gecgel von der Islamischen Föderation will man das Öffentlichkeitsrecht vorerst nicht beantragen. Der Abschluss würde aber in der Türkei anerkannt, sagte er dem ORF.

Predigerausbildung nicht verpflichtend

Beginnen soll die Ausbildung nach Ende der neunjährigen Schulpflicht. Vorgesehen sei zwar ein theologischer Schwerpunkt, nicht aber eine verpflichtende Predigerausbildung, erklärte Gecgel nach Erscheinen des Berichts. Abzuwarten ist nach Angaben des Sprechers der Islamischen Föderation auch, ob sich überhaupt genügend Schülerinnen und Schüler für das Projekt melden. Geplant ist, 80 Schüler zu unterrichten.

Kurz: "Völlig ausgeschlossen" 

Gegenüber den "Salzburger Nachrichten" hieß es noch, die Islamische Förderation strebe an, dass die Schüler und Schülerinnen ihre Zeugnisse von der türkischen Schulbehörde bekommen. Dazu müsste Österreich allerdings ein Abkommen mit der Türkei schließen.

Für Integrations- und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) ist ein solches Abkommen allerdings "völlig ausgeschlossen", wie sein Sprecher im Gespräch mit derStandard.at erklärt.

Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) sprach sich ebenfalls dagegen aus: "Eine Imamschule dieser Art lehne ich ab. Das ist der völlig falsche Weg. Die Ausbildung sollte an einer Hochschule erfolgen, in einem offiziellen Rahmen und auf Deutsch."

Imam-Hatip-Schule bildet Prediger aus

Die geplante Einrichtung sollte nach ersten Informationen nach Vorbild einer Imam-Hatip-Schule funktionieren, einem Gymnasium, in dem auf Türkisch unterrichtet wird, Deutsch würde als Fremdsprache angeboten. In Imam-Hatip-Schulen werden Imam (Vorbeter) und islamische Prediger ausgebildet. "Der Grundgedanke ist, dass wir Imame auch in Österreich ausbilden und dadurch bessere Imame bekommen", wurde Gecgel in den "Salzburger Nachrichten" zitiert.

Imam-Hatip-Schulen waren in der Türkei ursprünglich für die Ausbildung islamischer Geistlicher gedacht, gelten in konservativen Kreisen jedoch als beliebte allgemeinbildende höhere Schulen. Der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan selbst ist angeblich Absolvent einer solchen Schule, war jedoch niemals als Prediger aktiv.

Im Jahr 2011 besuchten in der Türkei nur 236.000 von fast fünf Millionen Mittel- und Oberstufenschülern eine Imam-Hatip-Schule. Seit Erdogans Reformen ist der Anteil dieser Schulen allerdings deutlich gestiegen. Erdogan war es auch, der dafür sorgte, dass vom Militär erlassene Zugangsbeschränkungen für Imam-Hatip-Schüler an den Universitäten aufgehoben wurden. Im vergangenen Jahr senkte er das Eintrittsalter für den Besuch von Imam-Hatip-Schulen von 15 auf zehn beziehungsweise elf Jahre.

Islamische Theologie an Uni frühestens 2016

Derzeit kommen die meisten Imame in Österreich aus dem Ausland. Diese Prediger hätten häufig keinen Bezug zu Österreich und seien oft nur kurze Zeit im Land, gerade bei muslimischen Jugendlichen entstehe dann oft der Eindruck, der islamische Glaube und das Österreichersein seien nicht vereinbar, sagte Kurz im vergangenen Jahr im Zuge einer Integrationsreferententagung. Derzeit arbeitet die Universität Wien am Konzept für ein entsprechendes Studium. Die Ausbildung der Imame an einer Imam-Hatip-Schule bezeichnete Kurz als den "völlig falschen Weg".

In Deutschland wurde ein Studium der islamischen Theologie bereits im Jahr 2011 eingerichtet, in Österreich könnte ein entsprechender Studiengang frühestens im Oktober 2016 beginnen. Bis dahin sind noch einige Hürden zu überwinden, wie derStandard.at von der Uni Wien erfuhr. Zuerst müsste, wie im Regierungsprogramm vorgesehen, das Islamgesetz novelliert werden. Das Anbieten eines Studiums der islamischen Theologie müsste darin verankert werden.

Darüber hinaus müsste die Finanzierungsfrage im Zuge der Verhandlungen für die Leistungsvereinbarungen geklärt, ein Studienplan entwickelt sowie Professorenstellen ausgeschrieben werden. Die Universität Wien legt Wert auf die Feststellung, dass ein solches Studium keine berufsfachliche Ausbildung, etwa zum Imam, darstellen würde. Geplant sei, dass die islamische Kirche für Absolventen des Bachelorstudiums der islamischen Theologie eine an das Studium anschließende berufspraktische Ausbildung etwa zum Imam anbietet.

Klares Nein von FPÖ und Grünen

Die Grünen deponieren ein "klares Nein zu importierter Imame-Ausbildung". "Die Ausbildung von Imamen für österreichische MuslimInnen sollte in Österreich transparent, öffentlich und in der Landessprache auf einer österreichischen Hochschule erfolgen", erklärte Integrationssprecherin Alev Korun am Mittwoch in einer Aussendung. Die Regierung solle sich ihre Pläne dazu nicht durchkreuzen lassen.

Auch FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache forderte am Mittwoch die Verhinderung des Projekts. Er verwies darauf, dass die Islamische Föderation der nationalistischen Milli-Görüs-Bewegung nahestehe. "Diese Privatschule, in der Deutsch nur Fremdsprache ist und die nach erfolgreicher Ausbildung Zeugnisse der türkischen Schulbehörde verteilen will, muss unter allen Umständen verhindert werden", so Strache. (Katrin Burgstaller, APA, derStandard.at, 18.6.2014)