Sofia - Nach einem Kundenansturm auf bulgarische Banken haben die Behörden mehrere Männer wegen des Streuens von Falsch-Informationen über die Stabilität der Finanzsektors festgenommen. Den insgesamt fünf Verdächtigen wurde am Wochenende vorgeworfen, über Internetplattformen wie Facebook oder Youtube Zweifel an der Zahlungsfähigkeit verschiedener Geldinstitute gesät zuhaben.

Aktienkurs brach ein

Mit Spannung wurde nun die Öffnung der Banken am Montag erwartet. Bei der First Investment Bank (Fibank) hoben am Freitag nach Angaben des Institutes die Kunden innerhalb weniger Stunden umgerechnet Hunderte Millionen Euro ab. Filialen schlossen daraufhin, Bankomaten funktionierten jedoch noch. Der Aktienkurs der Bank brach ein. Die Angriffe auf das Finanzsystem setzen die bulgarische Führung inmitten einer Regierungskrise zusätzlich unter Druck.

Bank bestritt Fehlverhalten

Nach Angaben des Innenministeriums fordern Kriminelle im Internet und mit SMS-Nachrichten Bürger immer wieder auf, ihre Guthaben bei Banken abzuheben. Bereits am vergangenen Wochenende hatte die Zentralbank des EU-Staates den viertgrößten Kreditgeber Bulgariens, die Corporate Commercial Bank, unter ihre Kontrolle genommen. Zuvor hatte es Berichte im Internet und anderen Medien über fragwürdige Geschäfte der Bank gegeben. Daraufhin zogen Kunden massenhaft ihr Geld ab. Die Bank bestritt Fehlverhalten.

Obwohl Bulgarien eines der ärmsten EU-Länder ist und Probleme mit Korruption und Vetternwirtschaft hat, gilt das Bankensystem als vergleichsweise stabil. Das Land hat eine der geringsten Schuldenquoten in der EU, die Zentralbank wird von Finanzexperten als effektiv eingeschätzt und die Währung Lew ist an den Euro gekoppelt.

Vor Neuwahlen

Die Vorgänge um das Bankensystem trifft die bulgarische Regierung in einer labilen Lage: Die Parteien haben beschlossen, am 5. Oktober eine vorgezogene Parlamentswahl abzuhalten. Oppositionschef Boiko Borissow forderte am Samstag Ministerpräsident Plamen Orescharskis sowie die Ressortchefs für Inneres und Finanzen auf, wegen ihres Umgangs mit der Krise sofort zurückzutreten. Die regierenden Sozialisten kritisierten den Appell: Damit werde die Öffentlichkeit weiter verunsichert.

Die Entwicklung weckt Erinnerungen an den Zusammenbruch des Bankensektors in Bulgarien in den 1990er-Jahren, als 14 Institute Pleite gingen. Sie setzt ferner Orescharskis Minderheitsregierung zusätzlich unter Druck, die bereits mit einer schwachen Konjunktur und einem Rückgang der Investitionen aus dem Ausland zu kämpfen hat. Wegen der anhaltenden politischen Probleme hatte die Rating-Agentur Standard & Poor's die Bonitätsnote des Landes unlängst herabgestuft. Die Bewertung liegt nun nur noch eine Stufe vom Ramsch-Status entfernt. (APA, 29.6.2014)