Brigitte Höfert mit knapp drei Jahren an der Hand ihres Vaters Karl Rupitsch. Sie kämpft bis heute um seine Rehabilitierung.

Foto: hoefert

Salzburg - Im Pongauer Goldegg darf auch 70 Jahre nach dem Sturm einer SS-Todesschwadron auf die Verstecke einer kleinen Gruppe Wehrmachtsdeserteure nicht offiziell der Opfer der Nazi-Schergen gedacht werden. Im Zuge der SS-Aktion wurden am 2. Juli 1944 insgesamt 14 Menschen erschossen oder sind später in KZs ermordet worden.

Brigitte Höfert, Tochter des in Mauthausen ermordeten Anführers der Deserteure, wollte diesen Mittwoch, dem 70. Jahrestag der SS-Aktion, gemeinsam mit einem katholischen Priester aus Puch bei Hallein ein Gedenkgebet für ihren Vater und die anderen Nazi-Opfer beim Goldegger Friedhofskreuz abhalten. Das Ansinnen der 74-Jährigen stieß beim Goldegger Pfarrer Alois Dürlinger allerdings auf wenig Gegenliebe. Im Gegenteil: Pfarrer Dürlinger untersagte seinem Kollegen ein "liturgisches Gedenken".

Beten könne jeder, wo er wolle, sagt Dürlinger auf Anfrage des STANDARD, aber ein offizielles Gedenken würde das Zerwürfnis in der Gemeinde nur noch vertiefen.

Widerstand gegen Gedenktafel

Gemeint ist die monatelange Debatte um eine Gedenktafel für die Nazi-Opfer im Hof des Schlosses Goldegg. Die von Höfert geplante Verlegung dieser Tafel mit den Namen der 14 Ermordeten scheiterte am Widerstand von Bürgermeister Hans Fleißner (ÖVP) und des Klubchefs der Grünen Landtagsfraktion, Cyriak Schwaighofer, der auch Obmann des lokalen Kulturvereins ist.

Fleißner sprach sich für ein Denkmal weit weg vom Ortszentrum aus, Schwaighofer will vor einem Gedenkstein "einen Dialog" im Ort, um das Geschehene aufzuarbeiten. In Goldegg ist die Meinung bis heute verbreitet, die Deserteure hätten den SS-Sturm selbst heraufbeschworen und so den Ort in Gefahr gebracht. Dass der Gedenkstein trotzdem kommt, ist der Salzburger Gebietskrankenkasse zu verdanken: Der Stein bekommt "Asyl" und wird am 8. August bei einem Erholungsheim der Kasse im Ortszentrum verlegt.

"Gruft des Vergessens"

Pfarrer Dürlinger wirft im STANDARD-Gespräch Brigitte Höfert vor, dass sie mit dem Gebet die umstrittene Gedenktafel "auf kurzem Weg" absegnen lassen wolle. Das sei unredlich, "für krumme Wege bin ich nicht zu haben".

Außerhalb der Goldegger Gemeindegrenzen stößt die Ablehnungsfront gegen ein Mahnmal für die Deserteure auf heftige Kritik. "Die Nazis haben ihr Ziel erreicht, sie wollten ja die Totenehrung unterbinden", sagt der Salzburger Historiker Gert Kerschbaumer. Es sei genau das Konzept der Nazi gewesen, den Ermordeten "Namen und Würde zu nehmen" und sie "in der Gruft des Vergessens zu verscharren".

Gegen dieses Vergessen werden in Salzburg seit vielen Jahren Stolpersteine für Nazi-Opfer verlegt. Am Mittwoch kamen 29 weitere Steine dazu, darunter einer für den ehemaligen Rabbiner von Salzburg,  Abraham Altmann. Damit liegen in Salzburg inzwischen 246 dieser kleinen, dezentralen Mahnmale. (Thomas Neuhold, DER STANDARD, 3.7.2014)