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Volksanwältin Gertrude Brinek zum Binnen-I: "Wenn Frauen nicht genannt werden, gehen sie unter, weil sie nicht sichtbar sind."

Foto: apa/pfarrhofer

Wien - Volksanwältin Gertrude Brinek schlägt einen Wettbewerb für eine neue Bundeshymne vor. Man sollte die Musikhochschulen einladen, einen neuen Text und eine neue Melodie zu schaffen, sagt Brinek im Interview mit der APA. Neben dem aktuellen Streit um die Töchter seien auch andere Textpassagen nicht mehr zeitgemäß.

So passe etwa auch die Zeile "Hämmer zukunftsreich" nicht mehr in die heutige IT-Gesellschaft. Vieles daran sei "zeitgeistig" und habe damals gepasst. Sie verweist darauf, dass derzeit etwa auch in der Schweiz eine Diskussion über eine neue Hymne läuft.

Im Zusammenhang mit der Diskussion um das sogenannte Binnen-I in Texten schlägt Brinek vor, eine Zeitlang zu versuchen, nur die weiblichen Formen zu verwenden und zu sagen, die Männer seien mitgemeint. Sie selbst verwende gerne das Binnen-I, betonte die Volksanwältin und weist die Kritik, dass damit Texte unleserlich würden, entschieden zurück. "Wenn Frauen nicht genannt werden, gehen sie unter, weil sie nicht sichtbar sind."

Vertrag mit G4S nicht genau genug 

Mit dem Einsatz privater Sicherheitskräfte im Schubhaftzentrum Vordernberg ist Brinek noch nicht einverstanden. Der derzeitige Vertrag mit der privaten Sicherheitsfirma G4S für das seit einem halben Jahr in Betrieb befindliche Schubhaftzentrum Vordernberg genüge noch nicht. Eine genauere Abgrenzung für die Einsatzbereiche privater Sicherheitsleute sei nötig. Es müsse klargestellt werden, dass private Sicherheitskräfte auch in Konflikt- und Notsituationen nicht eingreifen und hoheitliche Aufgaben übernehmen dürfen. Menschenrechtlich könnte sich dann nämlich das Problem ergeben, dass sich Schubhäftlinge nur zivilrechtlich an den privaten Sicherheitsleuten schadlos halten könnten.

Positive Entwicklungen bei Jugendwohlfahrt

Seit zwei Jahren überprüft die Volksanwaltschaft auch die Einhaltung der Menschenrechte. Dazu wurden von den sechs Kommissionen bisher knapp 900 Besuche in Einrichtungen, in denen es zu Freiheitsbeschränkungen kommt, durchgeführt. Brinek kann dazu erste positive Ergebnisse vermelden. So sei mehr Bewusstsein eingekehrt, dass in der Jugendwohlfahrt Gewalt kein Erziehungsmittel sein könne, dass Freiheitsentzug nur als "gelindestes Mittel" eingesetzt werden dürfe, dass Netzbetten nicht nur im Westen, sondern auch im Osten Österreichs "nicht mehr state of the art" seien und dass private Sicherheitskräfte nur in Notsituationen dem medizinischen und pflegerischen Personal helfen, diese aber keine pflegerischen und medizinischen Handlungen vornehmen dürfen.

Im Strafvollzug begrüßt die Volksanwältin die vom Justizminister ergriffenen Sofortmaßnahmen nach dem Auftauchen von Missständen. Die zugesagten 100 Beschäftigten müssten nach Ansicht Brineks zielgerichtet für Therapien und die Beschäftigung von Häftlingen sowie für die Verbesserung der Einschlusszeiten verwendet werden.

Kritik am Pendlerrechner

Noch nicht zufrieden ist Brinek mit der neuen Version des Pendlerrechners des Finanzministeriums. Grundlage dafür sei die Verkehrsauskunft Österreich, die aber einen anderen Zweck verfolge und in erster Linie auf Baustellen und Staus abstelle. Deshalb hält Brinek dies für keine stabile Grundlage. Sie rät daher, sich mit den Pendlerinitiativen zusammenzusetzen und eine "pendlergerechte Lösung" zu suchen.

Dass sich die Volksanwaltschaft auch um Probleme wie den Stau auf der Wiener Gürtelbrücke kümmert, verteidigt die Vorsitzende. Einerseits seien davon viele Menschen betroffen, und andererseits handle es sich auch um eine Systemfrage, wenn auf der Baustelle zu bestimmten Zeiten keine Arbeiter sind, weil keine Überstunden bezahlt werden. "Uns ist kein Problem zu klein", sagt Brinek dazu grundsätzlich und verweist auf ihr Motto: "Weil am Ende die Menschen zählen und nicht die Paragrafen."

Knappes Budget

Im Zusammenhang mit der Überprüfung der Einhaltung der Menschenrechte sieht Brinek die Volksanwaltschaft personell und budgetär gut aufgestellt. Insgesamt ist das Budget der Volksanwaltschaft jedoch knapp. 2015 und 2016 kommt man mit der Auflösung von Rücklagen noch durch, ab 2017 könnte es aber dann Probleme geben. Brinek will jetzt einmal die Organisation und die Abläufe weiter optimieren und noch nicht Alarm schlagen: "Die Feuerwehr ruft man, wenn wirklich Gefahr im Verzug ist."

Weniger Anfragen von Frauen

Verstärkt ansprechen will die Volksanwaltschaft in Hinkunft die Frauen, weil von ihnen ein Drittel weniger Beschwerden herangetragen werden als von Männern. Gemeinsam mit der Frauenministerin strebt Brinek nun eine stärkere Vernetzung mit Frauenvereinen an, um Frauen zu motivieren, zur Volksanwaltschaft zu kommen und ihre Scheu abzubauen. (APA, 21.7.2014)