Ein Bild aus glücklichen Tagen im Jahr 2006: Franz Morak (nun in Pension) bestellt Matthias Hartmann (im März gefeuert) und verlängert den Vertrag von Georg Springer (kürzlich zurückgetreten).

Foto: standard / Matthias Cremer

Wien - Der lang erwartete Rechnungshofbericht über die Bundestheaterholding fiel wie angekündigt aus. Vernichtend. Zudem ließen die Prüfer kaum ein Gegenargument von Georg Springer gelten. Springer, seit der Ausgliederung von Staats- und Volksoper sowie Burg- mit Akademietheater im Herbst 1999 Chef der Holding, kennt die Kritikpunkte bereits seit der Übermittlung der Rohfassung im Jänner. Er trat im Juni, ein halbes Jahr vor Vertragsende, zurück.

Der Rechnungshof kritisiert auf respektablen 164 Seiten, dass die Holding ihre "strategische Führungsrolle" unzureichend erfüllte. Zwischen den Geschäftsjahren 2009/10 und 2011/12 schmolzen die Rücklagen um 88,1 Prozent auf 1,73 Millionen Euro. Die Abnahme der liquiden Mittel gefährdete die Finanzierung des Betriebs.

Die Dreijahrespläne der Bühnengesellschaften boten aufgrund der ausgewiesenen Fehlbeträge ohne Anführung ausreichender Maßnahmen, wie die zu erwartenden Abgänge reduziert werden, keine Grundlage für die Zustimmung durch die Aufsichtsräte. Springer - als Holdingchef Aufsichtsratsvorsitzender in allen Tochtergesellschaften - stimmte dennoch den recht ungenauen Jahresbudgets zu und setzte keine Maßnahmen zur Verbesserung der Planungsqualität.

Hinzu kommt, dass die Holding die Einhaltung der eigenen Controlling-Vorgaben - insbesondere bezüglich der Berichtspflicht bei den Tochtergesellschaften - nicht nachvollziehbar einforderte. Die Qualität der Quartalsberichte war mangelhaft. Weder die Holding noch ihre Tochtergesellschaften wiesen z. B. die gesetzlich vorgesehenen Rückstellungen aus.

Die Aufsichtsräte dürften daher - abgesehen vom Vorsitzenden - nur ungenau informiert gewesen sein. Der RH kritisiert sie dennoch, da in den Aufsichtsratssitzungen der Bühnengesellschaften und der Holding keine Maßnahmen zum Ausgleich der in den Dreijahresplänen ausgewiesenen Fehlbeträge eingefordert wurden. Gesondert gerügt wird der Aufsichtsrat der Holding. Denn Springer schlug für die Gebarungsprüfung 2010/11 Bereiche wie das Telebanking vor, die vom Umfang her unerheblich waren. Der Aufsichtsrat stimmte dennoch diesen Prüfungsgegenständen zu.

Weit massiver fällt die mannigfaltige Kritik am Kulturressort aus - also an Claudia Schmied (SPÖ), der bis Ende 2013 zuständigen Ministerin, und an Sektionsleiter Michael Franz. Wie bereits davor unter ÖVP-Kunststaatssekretär Franz Morak wurde der Vertrag von Springer ohne vorherige Ausschreibung verlängert. Dies widersprach natürlich dem Stellenbesetzungsgesetz. Zudem erhielt der Holdingchef Prämien für Leistungen, die er als Geschäftsführer ohnedies zu erbringen hatte.

Springer machte zwar wiederholt auf einen zusätzlichen Finanzbedarf aufmerksam. Doch das Kulturressort reagierte nicht auf die Ausführungen in den Finanzierungs- und Strategiekonzepten und forderte weder Maßnahmen noch den Ausweis der gesetzlich vorgesehenen Rückstellungen ein. Auch konnte das Ministerium dem RH keine schriftlichen Unterlagen über die Analyse der von der Holding übermittelten Quartalsberichte vorlegen.

Unglaublich effizient

Geradezu Absurdes berichten die Prüfer in Zusammenhang mit der Effizienzanalyse, für die das Ministerium summa summarum 521.650 Euro ausgab. Das aus der Analyse abgeleitete Einsparungspotenzial wurde von den Verfassern mit 14,15 Millionen Euro, von der Holding aber mit nur 10,08 Millionen beziffert. Diese doch beträchtliche Differenz hinterfragten Schmied und Franz nicht weiter. Hinzu kommt, dass zahlreiche Maßnahmen ohnedies ergriffen worden wären und wurden. Lediglich ein Optimierungspotenzial von 5000 Euro war dem RH als Neuerung nachvollziehbar.

In ihrer Stellungnahme führt die Holding das Dilemma aus: Die Inflationsrate betrage seit der Ausgliederung 29,7 Prozent, die Personalkosten seien um 27,5 Prozent gestiegen, aber die Basisabgeltung wurde nur um 11,5 Prozent angehoben. Die Holding habe daher, um den kulturpolitischen Auftrag im gewünschten Umfang und auf höchstem Niveau zu erfüllen, eine Verschlechterung des Finanzergebnisses in Kauf nehmen müssen.

Doch der RH widerspricht: Das Gesetz lege nicht explizit die Zahl der jährlichen Neuinszenierungen fest, der kulturpolitische Auftrag sei auch in "kostendämpfender Hinsicht" interpretierbar. Zudem seien die Vorstellungen grundsätzlich in den eigenen Häusern durchzuführen.

Hartmanns Barauszahlungen

Dies ist als Seitenhieb auf das Burgtheater zu interpretieren. Denn Matthias Hartmann, der im März gefeuerte Direktor, brachte im Kasino am Schwarzenbergplatz opulente Inszenierungen zur Aufführung. Mit ein paar Anmerkungen lieferte der RH zudem einen Vorgeschmack auf den Bericht über das Burgtheater, den Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) in Auftrag gab. Es wird u. a. erwähnt, dass die Burg 2009 ihre Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten aufgrund einer hohen Anzahl von Neuproduktionen im Zuge des Direktionswechsels erhöhte. Dies hatte gröbere Liquiditätsprobleme zur Folge.

Erwähnt werden auch die enorm vielen Barauszahlungen - nicht nur an Gastschauspieler, sondern auch an Beschäftigte. Höchst pikant sind jene an Hartmann. Der Direktor behob z. B. ein Regiehonorar in der Höhe von 40.000 Euro am 26. Juli 2010 in bar - und zahlte das Geld am 27. August auf Anraten seiner Steuerberaterin wieder bar ein.

Maria Fekter, Kultursprecherin der ÖVP, reagierte auf den RH-Bericht "mit Bestürzung" - und wundert sich, wie mangelhaft die Gebarung in der Holding über Jahre "vonstattenging". Nun ja, auch Fekter wusste über die prekäre Lage der Bundestheater genau Bescheid. Denn in den Aufsichtsräten sitzen Vertreter des Finanzministeriums. Und dieses leitete sie von 2011 bis 2013. (Thomas Trenkler, DER STANDARD, 24.7.2014)