Mancher Kulturpolitiker scheut das Schließen von Kultureinrichtungen wie nichts anderes. Denn man befürchtet, dass die eigene Reputation und jene der Partei sinken würden. Man beschwört lieber ohne Unterlass, dass Kunst und Kultur "Lebensmittel", ja sogar "Überlebensmittel" seien. Diese Metapher, die auch Präsidenten und Bürgermeister gerne bei Festivaleröffnungen gebrauchen (etwa in Salzburg und Bregenz), ist natürlich dumm. Denn Kunst und Kultur kosten immenses Geld, sie sind daher immer Luxus. Auch wenn sie für eine Zivilgesellschaft notwendig sind - "wie ein Bissen Brot", um im vertrackten Bild zu bleiben.

Das Schließen von Kultureinrichtungen kommt für den Kulturpolitiker jedenfalls nicht infrage. Es dürfe, warnt man, keinen Sündenfall wie in Berlin geben, wo einst, vor 21 Jahren, das Schillertheater geschlossen wurde. Aber auch das Programm dürfe nicht zurückgefahren werden. Am liebsten wäre dem Kulturpolitiker, wenn alles so bliebe wie in jenen Zeiten der Kameralistik. Damals gingen die Karteneinnahmen an den Staat - und der verbeamtete Feudalherr zahlte, was eben für die Theater zu zahlen ist. Es gab weder Kostenwahrheit noch Kostenbewusstsein.

Doch es sind andere Zeiten angebrochen. Ob sie bessere sind, wird sich herausstellen. Aber der dauernde Zwang zu Sparmaßnahmen, den manche schon richtig geil finden, hat längst den Kulturbereich erreicht. Und zwar flächendeckend. Den kleinen Veranstaltern, den wackeren Kulturarbeitern, die sich selbst ausbeuten, fehlt mittlerweile die Kraft zum Jammern über die triste Situation.

Im Gegensatz zur freien Szene haben die Bundestheater unermesslich viel Geld. Aber die Staatsbühnen geben gut 2440 Menschen Arbeit. Das kostet nicht nur, das kostet aufgrund der Kollektivverträge jedes Jahr mehr. Weil die Personalkosten seit der Ausgliederung 1999 um 27,5 Prozent auf 172,9 Millionen Euro gestiegen sind, die Subvention aber nur um 11,5 Prozent auf 148,9 Millionen Euro angehoben wurde, begann es sich irgendwann nicht mehr auszugehen.

Da konnte Georg Springer als Chef der Bundestheater-Holding warnen, was er wollte: Die Politik stellte sich taub. Man meinte, es werde sich doch ausgehen - ohne Schließungen und ohne Programmeinschnitte. Ja, es ging sich dann doch ein paar Jahre lang aus, weil man herumtrickste. Die Politik machte nichts, weckte lediglich Hoffnungen auf demnächst frisches Geld. Und so trickste man gutgläubig weiter.

Wohlgemerkt: Bei den Salzburger Oster- und Sommerfestspielen gab es Menschen, die in die eigene Tasche wirtschafteten, die Unternehmen im großen Stil schädigten. Sich bereichert zu haben, wird man aber weder Georg Springer noch Silvia Stantejsky vorwerfen können: Beseelt vom Theater, waren sie die Erfüllungsgehilfen der vertröstenden Kulturpolitiker.

Hinzu kommt, dass Theatermacher eher Narren als Kaufleute sind. Sie geben das Geld am liebsten mit vollen Händen aus. Denn die Bühne ist ein Wunderwerk, das glänzen soll. Schon vor Jahren hätte die Politik Einhalt gebieten müssen. Doch das Kulturministerium unter Claudia Schmied schaute zu, wie der Tanker auf den Eisberg zusteuerte. Man ließ die Theater nicht nur im falschen Glauben, dass es mehr Subventionen geben werde, sondern man vernachlässigte auch die Kontrollaufgaben. Und nun verweigert Schmied jede Stellungnahme. Das ist der Sparsamkeit zu viel. (Thomas Trenkler, DER STANDARD, 26.7.2014)