Zahlreiche Brocken aus dem All ließen die Erdkruste schmelzen und Meere verdampfen.

Illustration: Simone Marchi

Boulder/Wien - Die Jugendzeit unseres Heimatplaneten gestaltete sich nach heutigem Wissen reichlich turbulent. Was sich im Hadaikum vor vier bis 4,5 Milliarden Jahren aber genau abspielte, lässt sich allenfalls erahnen - dies liegt vor allem auch daran, dass kaum Gesteine erhalten blieben, die älter sind als 3,8 Milliarden Jahre. Fest steht: Die Erde sah sich einem massiven Asteroidenbeschuss ausgesetzt.

Wissenschafter um Simone Marchi vom Southwest Research Institute in Boulder, Colorado, haben nun anhand von Computersimulationen das schwere Bombardement aus dem All im Detail rekonstruiert. Untermauert wird ihr Modell dabei von Daten über den Mond, dessen Narbengesicht ein gut lesbares Archiv aus der Zeit des sogenannten Late Heavy Bombardment darstellt.

Die Berechnungen der Physiker zeichnen ein dramatisches Bild: Das Niederprasseln von Material, das bei der Planetenentstehung übriggeblieben war, dürfte kaum einen Flecken der Erdoberfläche unberührt gelassen haben. Vor allem in der Spätzeit des Hadaikums wurde so gut wie die gesamte Kruste von den zahlreichen Treffern bis zu einer Durchschnittstiefe von 20 Kilometern aufgeschmolzen und durchmischt.

1000-Kilometer-Brocken

Insbesondere die großen Brocken führten der in "Nature" erschienen Studie zufolge zu weiträumigen Umwälzungen. Die Berechnungen ergaben, dass bis zu vier Asteroiden von über 1000 Kilometer Größe die Erde trafen. Weitere drei bis sieben Brocken kamen immerhin noch auf mehr als 500 Kilometer. Diese Rekonstruktion der Ereignisse würde auch erklären, warum ältere Gesteine kaum zu finden sind. Außerdem passt das Szenario zur heutigen Verteilung von winzigen Zirkonen, den einzigen Mineralien, die das Hadaikum überlebt haben.

Doch was bedeutet dies für die Entstehung des Lebens? Globales Aufschmelzen der Erdkruste, Ozeane, die gleich mehrmals hintereinander verdampften: Lebensfreundlich war diese Umgebung wohl kaum - und doch sind aus dieser Hexenküche die ersten Zellen hervorgegangen. Marchi glaubt daher, dass frühe Lebenskeime äußerst robust gegenüber hohen Temperaturen gewesen sein müssen und in wenigen einigermaßen geschützten Nischen den Asteroidenregen und seine Folgen überdauert haben. (tberg, DER STANDARD, 31.7.2014)