"Bruno Kreisky hat mich zum Sozialdemokraten gemacht." Georg Niedermühlbichler ist seit Anfang August Landesparteisekretär der Wiener SPÖ.

Foto: Regine Hendrich

STANDARD: Der Song Contest 2015 wird in Wien stattfinden. Die Kosten dafür schätzt die SPÖ auf rund zehn Millionen Euro. Ist das ein gefundenes Fressen für die Opposition im Vorwahlkampf?

Niedermühlbichler: Nein, das hat auf eine Wahlentscheidung keinen Einfluss. Es ist eine große Chance, sich weltweit zu präsentieren, und für mich war klar, dass es nur einen Austragungsort geben kann, nämlich Wien.

STANDARD: Wo wird das benötigte Geld eingespart?

Niedermühlbichler: Da muss man nicht einsparen. Ich gehe davon aus, dass unterm Strich in der Stadtkassa mehr bleiben wird, als wir tatsächlich dafür ausgeben.

STANDARD: 2015 steht die Wiener Gemeinderatswahl an. Ihr Vorgänger, Christian Deutsch, hat als Wahlkampfmanager sehr stark auf den Haustürwahlkampf gesetzt. Was ist Ihr Geheimrezept?

Niedermühlbichler: Geheimrezept habe ich keines. Ich bin auch kein Freund von Geheimnistuerei. Hausbesuchsaktionen sind ein adäquates Mittel, um den direkten Kontakt mit der Bevölkerung zu suchen. Das wird natürlich fortgesetzt. Es wird aber auch viele andere Aktionen geben. Wir werden sehr präsent sein.

STANDARD: Bürgermeister Michael Häupl hat die absolute Mehrheit als Wahlziel vorgegeben. Es ist aber noch unklar, ab wann die absolute Mehrheit erreicht ist. Was sind Ihre Vorstellungen zum neuen Wiener Wahlrecht?

Niedermühlbichler: Ich bin ein großer Anhänger des absoluten Mehrheitswahlrechts und würde das nicht nur für Wien, sondern auch auf Bundesebene für sinnvoll halten. Das ist aber nicht umsetzbar. Wir werden uns mit den Grünen einigen. Unser Ziel ist nach wie vor, einen mehrheitsfördernden Aspekt zu haben.

STANDARD: Viele Prestigeprojekte der aktuellen Legislaturperiode - die Mariahilfer Straße, die Öffi-Jahreskarte, das Parkpickerl - werden mit den Grünen assoziiert. Warum gelingt es der SPÖ nicht, im Rampenlicht zu stehen?

Niedermühlbichler: Das hat damit zu tun, dass sich bei den Grünen alles auf eine Person fokussiert. Wir müssen auch klarmachen, dass diese Punkte, die von Maria Vassilakou umgesetzt wurden, von uns vorbereitet wurden. Ich darf auch daran erinnern, dass die erste Politikerin, die gesagt hat, die Mariahilfer Straße muss eine Fußgängerzone werden, die damalige Bezirksvorsteherin vom sechsten Bezirk, Renate Kaufmann, war. Die Ausweitung des Parkpickerls war auch schon in der Pipeline.

STANDARD: Soll Rot-Grün fortgesetzt werden?

Niedermühlbichler: Ich gehe davon aus, dass wir die Absolute schaffen, und alles, was nachher ist, schauen wir uns dann an.

STANDARD: Wie werden Sie im Wahlkampf in Bezug zur FPÖ auftreten?

Niedermühlbichler: Die Frage ist, mit wem man sich dann wirklich auseinandersetzt. Mit dem Johann Gudenus (Klubobmann der FPÖ Wien, Anm.) , der sich eigentlich um die tägliche Arbeit der FPÖ kümmert, oder mit Strache, der halt mehr auf Ibiza weilt und dort den Partytiger gibt, als hier in Wien vor Ort zu sein. Es geht aber eigentlich nicht darum, die FPÖ oder den Strache zu bekämpfen, sondern darum, zu schauen, warum es Menschen gibt, die in der FPÖ eine Alternative sehen. Wir werden auf diese Menschen zugehen und sagen: Die FPÖ hat nicht die Antworten. Sie ist eine Partei, die hetzt und alles schlechtredet, die keine Lösungsvorschläge bietet. Die zu wählen ist eine verlorene Stimme.

STANDARD: Mit Gesprächen die Wähler zu überzeugen, das haben schon viele versucht.

Niedermühlbichler: Ich habe es in dieser Verantwortung noch nicht gemacht, und ich freue mich darauf, dass ich jetzt die Chance dazu habe. Ich hoffe, dass ich in dieser Frage vielleicht erfolgreicher bin, als es andere waren.

STANDARD: Im ersten Bezirk werden viele Wohnungen verkauft, die Preise sind sehr hoch. Manche meinen, dass der Bezirk bald reichen Russen gehört. Wie erleben Sie das als Bewohner?

Niedermühlbichler: Die Neubauten oder Dachgeschoßausbauten sind preislich für Normalbürger nicht mehr leistbar. Der Druck auf den Justizminister steigt massiv. Hier braucht man eine klare Mietzinsobergrenze, ein faires Mietrecht, wo auch der private Eigentümer seinen Anteil leisten muss.

STANDARD: Was sagen Sie zur aktuellen Debatte um die Asylquote?

Niedermühlbichler: Jedes Bundesland muss einen Beitrag leisten. Dasselbe gilt auf europäischer Ebene. Wir zeigen auf Italien, wie furchtbar dort die Auffanglager sind. Asylwerber sollten wieder an Botschaften vor Ort um Asyl ansuchen können, nicht auf kleinen Nussschalen übers Meer schippern müssen und ihr Leben aufs Spiel setzen.

STANDARD: Warum haben Sie ein Bild von Bruno Kreisky für Ihr neues Büro ausgewählt?

Niedermühlbichler: Er hat mich zum Sozialdemokraten gemacht. Ich komme aus Tirol. Als ich damals Politiker werden wollte, hat mein Onkel gesagt, ich sei deppert. Mein Großvater meinte, das vergeht schon wieder. Meine Brüder haben mich ausgelacht. Mit 17 habe ich trotzdem die Koffer gepackt und bin nach Wien gegangen. (Christa Minkin, Rosa Winkler-Hermaden, DER STANDARD, 12.8.2014)