Bergretter transportieren bei einer Übung einen "verletzten" Kollegen ab. Im Ernstfall sind Wetter und andere Bedingungen meist viel ungünstiger als auf dem Bild.

Foto: ÖBRD-Salzburg

Salzburg - Samstagnachmittag, 16.30 Uhr, die Einsatzleitzentrale des Roten Kreuzes alarmiert Christoph Portenkirchner: Vier Slowaken auf dem Klettersteig "Königsjodler" auf dem Hochkönig sitzen im Gewitter auf 2700 Meter Seehöhe fest. Die vier sind erschöpft, durchnässt, unterkühlt. Aufgrund des Wetters ist an eine Bergung mittels Heli nicht zu denken.

Für den erfahrenen Bergrettungschef von Dienten im Pinzgau Portenkirchner fast schon eine Routinesituation auf einem der längsten Klettersteige Österreichs. Per SMS werden elf Bergretter alarmiert, sechs von ihnen - Mechaniker, Angestellte, Arbeiter im Alter zwischen 25 und 50 - steigen durch das Birgkar parallel zum Klettersteig auf, der Rest bleibt in Bereitschaft.

12.000 ehrenamtliche Mitarbeiter

Einstweilen bereitet der Hüttenwirt vom Matrashaus - selbst ein Bergrettungsmann - bereits Seile und Gerätschaften vor. Kurz vor neun erreichen die Männer die Slowaken und steigen mit ihnen zum Matrashaus auf den Hochkönig. Gerettet, alles ist gut gegangen, keine Verletzten.

12.000 Männer und Frauen arbeiten in Österreich ehrenamtlich bei der Bergrettung. Man erkennt sie an ihrem Abzeichen, einem Edelweiß im grünen Kreuz. In Vorhandyzeiten wurden sie mit dem alpinen Notsignal - sechsmal in der Minute ein akustisches oder optisches Zeichen - gerufen. "Heute lautet die Notrufnummern für die Bergrettung 140 oder 112, der internationale Notruf ermöglicht einen Zugang in jedes verfügbare Netz", sagt Maria Riedler. Sie ist Sprecherin der Salzburger Bergrettung, mit dem zweijährigen Labrador-Rüden Ares als aktive Hundeführerin eine von 42 Bergretterinnen im Bundesland Salzburg.

Wie vielen Bergrettungsleuten ist Riedler alpines Heldengetue fremd. Lieber spricht sie von den Anforderungen, die es der Bergrettung leichter machen zu helfen. "Sollte etwas passieren, sagen Sie Ihren Namen, wo Sie sind, was passiert ist und wo der Unfallort ist." Je genauer die Informationen, desto schneller kann Hilfe organisiert werden.

Besonders eng arbeitet die Bergrettung mit der Flugrettung zusammen. 2013 hat die Flugrettung stolze 1400 Taubergungen absolviert. Dazu gehören neben wenigen spektakulären Bergungen an hundert und mehr Meter langen Bergeseilen viele Routineeinsätze. Bei gutem Flugwetter wird ein Patient mit Bänderriss auch auf einer Voralpenskitour mit dem Heli geholt. Der Anstieg einer Mannschaft und die Bergung mittels Akiaschlitten wäre weitaus komplizierter.

Suche nach Vermissten

Die eigentliche Tätigkeit der Bergrettung, die 2013 bundesweit auf immerhin 7114 Einsätze gekommen ist, sei neben den Hilfeleistungen auf Skipisten das Suchen, erzählt Riedler. Die in den Medien präsenten Einsätze auf dem Gletscher oder bei Lawinenabgängen spielen statistisch gesehen eine untergeordnete Rolle. Das Suchen kann personalintensiv werden. Für eine Gruppe ungarischer Bergsteiger im Hochkönigmassiv, die im Juni dieses Jahres vermisst wurden, waren 35 Mann einen ganzen Tag lang im Einsatz.

Rechnet man österreichweit alle Einsätze in Stunden um, kommt man 2013 auf 77.236 Einsatzstunden. Bei einem theoretisch angenommenen Stundensatz von 55 Euro wäre das allein bei Einsätzen ein Gegenwert von 4,25 Millionen Euro, die Ausbildungszeit nicht eingerechnet. Insgesamt vier Wochen dauert die Grundausbildung - plus 25 Stunden Fortbildung pro Jahr.

"Sorry, keine Jobs bei uns!" steht dann auch fett auf der Homepage des Österreichischen Bergrettungsdienstes. Warum gibt es dann trotzdem mehr als 12.000 ehrenamtliche Bergretter in den 292 Ortsstellen? Neben Image und Gemeinschaftserlebnis stehe vor allem die profunde Ausbildung im Mittelpunkt, sagt Riedler.

Günstige Bergeversicherung

Und obwohl die Bergretter ehrenamtlich arbeiten, ist die Organisation chronisch in Finanznöten. Vor allem bei osteuropäischen Touristen bleibe man mangels Versicherung der Geretteten oft auf den Bergekosten sitzen.

Dabei bietet die Bergrettung selbst eine kostengünstige Bergekostenversicherung an. Um einen jährlichen Förderbeitrag von 24 Euro (ab 2015) ist man mitsamt Familie ein Jahr lang bis zu einer Summe von 15.000 Euro versichert. Neben Sponsoren und Spenden ist ein Teil dieses Förderbeitrages auch eine wichtige Säule zur Finanzierung. (Thomas Neuhold, DER STANDARD, 12.8.2014)