Die Harmonie stimmt. Bernhard (vorn) und Paul Sieber rudern Richtung Rio.

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Wien - "Ich habe verstanden, dass man nicht konstant durchmarschieren kann." Die Zeiten sind vorbei, als Bernhard Sieber (24) alles dem Sport untergeordnet hat. Es ging nicht nur steil bergauf. Gemeinsam mit seinem Bruder Paul (21) bildet er einen Leichtgewichts-Doppelzweier im Rudern. Olympia, Rio 2016, das ist das große Ziel, dem eben nicht mehr alles untergeordnet wird. Bei den Spielen 2012 in London war Österreich im Rudern nicht einmal vertreten. Für die Sieber-Brüder war es ein gutes Jahr. Sie wurden U23-Weltmeister.

Der Umstieg in die allgemeine Klasse war nicht einfach. Bernhard: "In der Weltspitze geht es knapp zu." 2013 wurde zum Erfahrungssammeln genutzt. Heuer wollte man in den Weltcups konstant die Endläufe erreichen. Es klappte nicht so ganz. Bernhard: "Es war ein Auf und Ab." Die WM in Amsterdam (24. bis 31. August) steht an. Der Einzug ins Finale der besten Sechs ist das Ziel.

Trennung und Zustände

Bernhard war vor ein paar Jahren schon kurz davor aufzuhören. Die Zustände im Verband seien katastrophal gewesen. Dann setzte er alles auf ein Boot - mit Paul. Das war 2011. "Wir dachten, zwei Brüder, das müsste funktionieren", sagt Paul. Seit zwölf (Bernhard) bzw. elf Jahren rudern die beiden Wiener. Sie arbeiteten mit einem eigenen Trainer abseits des Nationalteams. Das ging lange Zeit gut - heuer nicht mehr. Bernhard: "Die Trennung war brutal schwer, aber sie war richtig." Jetzt üben die Brüder in Wien unter dem dänischen Nationaltrainer Carsten Hassing. "Er hat eine komplett andere Trainingsphilosophie."

Die Trainingsbedingungen im Ruderzentrum an der Neuen Donau waren schon schlechter. "Wir haben uns nie beschwert", sagt Bernhard. Und außerdem: "Als wir noch mit Schnecken geduscht haben, sind wir auch sauber geworden." Das vom Sportministerium gestützte "Projekt Rio" brachte deutliche Verbesserungen. Der Trainer kann die Ruderer jetzt mit Elektro- oder Motorboot statt mit dem Fahrrad begleiten.

Der Reiz der Natur

Dass man in der freien Natur locker auf dem Wasser dahingleiten kann und es andererseits ein total harter Sport sei, macht für Paul Sieber den Reiz am Rudern aus. Bernhard: "Rudern ist kompliziert einfach." Ein Rudererleben lang sei man auf der Suche nach dem perfekten Schlag, sagt Paul. Bernhard: "Hätten wir ihn schon gefunden, wär's langweilig."

Langweilig ist Bernhard selten, er hat lieber zu viel zu tun als zu wenig. Er ist der Extrovertiertere der beiden. Im Boot sitzt er am Schlag, gibt die Kommandos. Paul muss sich am Bug anpassen. "Das würde bei uns nicht anders funktionieren."

Besser funktionieren sollte aus Sicht der beiden Studenten die Vermarktung ihrer Sportart. Bernhard: "Rudern ist nicht langweilig." Man müsse das nur rüberbringen. Mit Vermarktung kennt sich Red Bull, Sponsor der Brüder, aus. Der Getränkekonzern war auf der Suche nach jungen Teams in olympischen Sportarten und fand die Siebers. Bernhard: "Uns wurde immer gesagt, mit Rudern kann man kein Geld verdienen. Jetzt tun wir's doch." Eine Genugtuung.

Der Weg und das Lernen

Das Duo hat noch viel vor sich. "Wir lernen nie aus." Vorbilder gibt's nicht nur im Rudersport. Onkel Christoph holte 2000 den Olympiasieg im Surfen, Bernhards Freundin Julia Dujmovits heuer jenen im Snowboard-Parallelslalom. "Man kann viel von Julias Weg lernen", sagt Bernhard. Es ginge aber nicht ums Kopieren. Man müsse den eigenen Weg gehen. Das Ziel ist Rio. Der Weg führt über Amsterdam. Das Motto bei der Weltmeisterschaft: "Voll drauflosfahren und schauen, was rauskommt." (Birgit Riezinger, DER STANDARD, 23./24.08.2014)