"Jahrhunderthochwasser" in Hagenau. Gebaut darf hier nicht mehr werden.

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Vor wenigen Tagen bekamen die Bewohner von Hagenau, einem Ortsteil von Goldwörth, eingeschriebene Briefe brisanten Inhalts: Fast eineinhalb Jahre nach dem "Jahrhunderthochwasser" nannte ihnen das Land Oberösterreich den Betrag, den sie für ihr Haus erhalten könnten. Denn Hagenau ist ein Absiedlungsgebiet. Die Häuser jener Bewohner, die das Angebot annehmen, werden abgerissen, das Land wird derzeit auf Grünland umgewidmet. Bauen darf hier niemand mehr.

Im Ort herrscht nun Aufregung: Die vom Land genannten Beträge, die sich aus 80 Prozent des Zeitwerts vor dem Hochwasser und 80 Prozent der Entsorgungskosten für die Häuser zusammensetzen, seien für viele zu niedrig, klagt eine Hagenauerin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. Privat beauftragte Sachverständige hätten zuvor die Häuser weitaus höher bewertet. Fixe Beträge will zwar niemand nennen, einig sind sich aber fast alle: Für einen Neustart reicht es nicht.

Doch auch wer bleibt, steht vor einer ungewissen Zukunft: Komme es wieder zu einem Hochwasser, werde es zwar "so weit möglich" Unterstützung aus dem Katastrophenfonds des Bundes geben, so Bürgermeister Johann Müllner (VP) vage. "Ob es dann aber wieder Absiedelungsangebote gibt, weiß man nicht."

Vor wenigen Tagen fand eine Informationsveranstaltung zu den aktuellen Angeboten statt, die Stimmung sei emotional gewesen, berichtet eine Teilnehmerin. "Es geht um gröbere Fehlbeträge", sagt Müllner. "Die Politik wird gefordert sein, denn da müssen Kompromisse gefunden werden."

Zu wenige Grundstücke

Aber nicht nur das Geld fehlt, auch Ersatzgrundstücke sind Mangelware. In Goldwörth dürfen keine Gründe mehr zur Verfügung gestellt werden. In den benachbarten Gemeinden Walding, Ottensheim und Feldkirchen gebe es nur wenige Grundstücke - und außerdem Quadratmeterpreise ab rund 100 Euro.

Bisher hieß es, die Entscheidung der Bewohner müsse bis Ende 2015 fallen. Müllner will aber, dass diese Frist verlängert wird. Denn die Unsicherheit sei groß: "Die Menschen kriegen mit, dass sie weg müssen, aber ihnen fehlen die Mittel." Müllner glaubt, dass rund ein Drittel der Hagenauer über das Angebot nachdenken wird. Nun will er ein Schreiben an die Landesregierung verfassen und um eine Beiratssitzung bitten.

Verhärtete Fronten

Barbara Lauss-Ditachmair von der Caritas kümmert sich um die Menschen in Absiedelungsgebieten. Auch sie will keine Schätzungen abgeben. "Aber ich glaube man kann sagen, dass es für viele schwierig ist eine vergleichbare Wohnsituation zu finden." Sie bietet persönliche Gespräche an und will eine Vermittlerrrolle einnehmen. "Denn die Fronten sind sehr verhärtet." Auch zwischen den Nachbarn - jenen, die bleiben wollen, und jenen, die gehen.

Die Hagenauerin und ihr Mann haben sich jedenfalls bereits entschieden zu bleiben: "Die Kinder sind hier groß geworden. Das ist ein Stück Heimat." Viele der Bewohner von Hagenau seien 50 Jahre und älter. "Da will man nichts mehr auf Schulden aufbauen." (Franziska Zoidl, DER STANDARD, 18.10.2014)