Man muss sich schon auf die Märkte begeben, um ihrer habhaft zu werden. Wenn man sie aber entdeckt, leuchtend, fast giftig gelb und von scheinbar keuschem Flaum überzogen, dann sollte man zugreifen. Quitten sind nämlich in jedem Fall eine Bereicherung der Küche – sogar dann, wenn man gar nicht vorhat, sie zu verkochen. So unnahbar hart sie sich dem fruchtlüsternen Blick aufs Erste präsentieren, so wollüstig entfalten sich nämlich ihre Wohlgerüche , sobald sie zuhause in der Obstschüssel zu liegen kommen.

Die Quitte verströmt einen subtilen, zart an Rosen und irgendwie auch an Gummibärchen gemahnenden Duft, der ebenso fein strukturiert wie lockend ist und die Küche über Tage mit ihrem Aroma erfüllen kann. Quitten sind auch deshalb ein ideales Lagerobst, wie gemacht, um noch an kargen Wintertagen von der vergangenen Pracht der Erntezeit zu künden. Aber sie offenbaren diese Pracht erst auf den zweiten Blick – vielleicht ist das der Grund, warum die einst so häufige Frucht aus unseren Obstgärten beinahe verschwunden ist. Wer sich die Lust an der Quitte allerdings nie versagt hat, sind die Türken. Das ist unser Glück: In türkischen Obst- und Gemischtwarengeschäften sind Quitten bis weit in den Winter hinein Teil des Standardangebots.

Frisch vom Baum, in dichten Flaum gehüllt, kann sie schnell einmal für die allzu rustikale Schwester der Birne gehalten werden. Wie anmutig und füllig ihre Rundungen gezeichnet sind, wie lockend ihre goldene Schale glänzt – das zeigt sich erst, wenn man sie in die Hand nimmt und mit einem weichen Tuch poliert. Dann wird auch offenbar, warum man ihr nachsagt, dass Rubens sie als Vorbild für viele seiner so prachtvoll im Fleisch stehenden Hinterteile hergenommen habe.

Foto: PEtra Eder

Roh ist die Quitte steinhart und ungenießbar, was sie in unserer auf Instant-Genuss konditionierten Zeit ganz von selbst zum Außenseiter stempelt.

Die außerordentliche Härte ihres Fruchtfleisches macht sie schwierig in der Handhabung – schälen, entkernen sollte man nur mit einem wirklich scharfen Messer und entsprechender Vorsicht ins Auge fassen.

Die Marokkaner einerseits, die Perser andererseits waren seit jeher große Verehrer der Quitte und verkochen sie zumindest so gern in salzigen wie süßen Zubereitungen. Für eine Tajine mit Lamm und Quitten lässt man eine Lammschulter vom (orientalischen) Fleischhauer samt Knochen in Scheiben sägen oder hacken. Dazu werden drei Quitten und drei Zwiebeln sowie einige Knoblauchzehen geschält. Die Quitten der Länge nach in sechs Spalten teilen, die Zwiebeln und Knoblauch blättrig schneiden. Das Fleisch in heißem Öl bräunen, herausheben, die Zwiebel und Knoblauch anbraten, mit je einem gehäuften Esslöffel der marokkanischen Gewürzmischung Raz-el-Hanout je Mitesser würzen (eine Mischung aus zwei Drittel Currypulver und einem Drittel Garam Masala tut es zur Not auch), Fleisch wieder zugeben, mit Gemüsefond auffüllen, würzen und die Quitten untermischen. Aufkochen lassen und im auf 150°C heißen Rohr etwa eine Stunde schmurgeln lassen. Abschmecken und mit gedämpftem Couscous oder Reis servieren. Aber Vorsicht: Die Kombination aus der schweren Fülle der Gewürze, der Süße des Lamms und der exotisch fruchtigen Säure der Quitten macht süchtig!

Quitten sind aber auch ganz für sich, mit etwas Zucker, Sternanis oder Nelken in Zuckerwasser pochiert, ein Genuss –Creme fraiche oder Obers ist alles, was man noch dazu braucht. (Severin Corti, derStandard.at, 29.10.2014)

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