Wien - Die Wiener PR-Agentur Modern Mind Marketing soll in den vergangenen Jahren für Kunden bezahlte Jubelpostings in Onlineforen platziert haben. Wie das Monatsmagazin "Datum" in seiner am Freitag erscheinenden Ausgabe berichtet, wurden unter anderem für ÖBB, Bank Austria und die ÖVP Wien positive PR-Postings verfasst, ohne den Auftraggeber zu nennen. Ein ethisches Problem erkenne man daran nicht. Die Rede ist von "hunderttausenden Postings" auf zahlreichen Online-Plattformen, darunter auch im Forum von derStandard.at.

Martin Kirchbaumer, Geschäftsführer der Agentur, bestätigte gegenüber "Datum", dass nach wie vor anonyme Poster ins Netz geschickt werden. Seit zehn Jahren biete man "Online-Reputationsmanagement" an. Die Poster bezeichnet Kirchbaumer als "Online-Journalisten". Dass man den ökonomischen Hintergrund nicht transparent mache, erklärt der Geschäftsführer folgendermaßen: "Eine Offenlegung funktioniert nicht, weil einem Firmenvertreter nichts geglaubt wird."

Beträchtlicher Kundenstock

Zu den Kunden zählten auch die Österreichischen Lotterien, die ehemalige Mobilkom Austria und der Pharmakonzern Bayer Austria. Seitens der ÖBB und der Bank Austria sei das Vorgehen bestätigt worden, wobei die Bank Austria die Jubelposter als "unabhängige Blogger" tituliert und die Zusammenarbeit mit der Agentur laut einem Sprecher "auf Eis gelegt" habe. Tätig wurde sie, als es 2012 zu Problemen beim Online-Banking kam.

Bei den Bundesbahnen handle es sich um "Schatten der Vergangenheit", wie es heißt. Die Postings wurden laut "Datum" im Zeitraum von 2007 bis 2011 produziert. Die ÖBB weisen in einer Aussendung zurück, dass es sich um diesen Zeitraum gehandelt habe: "Bereits 2010 sind die im Artikel thematisierten Foren aus 2009 geschlossen worden", heißt es. Und: Die Social-Media-Aktivitäten seien 2010 neu gestartet worden.

Die ÖVP Wien, für die anlässlich der "Unibrennt"-Studentenproteste positive Postings zum damaligen Landesparteivorsitzenden und Wissenschaftsminister Johannes Hahn verfasst worden sein sollen, dementierte die konkreten Vorwürfe. "Es hat 2009 eine kurze Zusammenarbeit mit dieser Agentur gegeben", sagt Gerhard Hammerer, Sprecher der ÖVP Wien, zum STANDARD. Dabei sei es nie um Postings gegangen, sondern um das Thema Social Media. Seit 2011 gebe es keine Zusammenarbeit.

PR-Vertreter verurteilen Vorgehen

Gefälschte Kommentare in Social-Media Kanälen zu posten sei "absolut inakzeptabel", betont Ingrid Vogl, Präsidentin des Public Relations Verbands Austria, in einer Aussendung. Im Ehrenkodex heißt es: "Beiträge in Foren, Blogs und anderen Online-Medien im Auftrag von Unternehmen oder Institutionen müssen authentisch sein und unter dem wirklichen Namen des Absenders erfolgen - außer es handelt sich um private Mitteilungen."

Der PR-Ethikrat hat angekündigt, die Causa zu überprüfen. "Versuche der Manipulation öffentlicher Meinung durch das verdeckte Auftreten von Unternehmen und Parteien als Konsumenten und Bürger sind mit den ethischen Prinzipien von Public Relations nicht vereinbar und daher strikt abzulehnen."

Medienanwalt Thomas Höhne hält das Vorgehen für "wettbewerbswidrig". (APA, red, 6.11.2014)