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Xavier Naidoos erstes Album hieß "Nicht von dieser Welt".

Foto: APA/EPA/BRITTA PEDERSEN

Wien - Preise hat der deutsche Soulsänger und ehemalige Sohn Mannheims, Xavier Naidoo, schon jede Menge daheim stehen – zumeist sind es die üblichen Verdächtigen wie Echo, Comet und Goldene Stimmgabel. Nun ist einer dazugekommen, der etwas aus der Reihe tanzt: "Das Goldene Brett vorm Kopf", vergeben von der Gesellschaft für kritisches Denken (GkD) am Mittwochabend in der Wiener Urania. Ebenfalls mit einem Brett versehen wurde Jochen Kopp, Gründer des deutschen Kopp-Verlags.

Die GkD, die Wiener Regionalgruppe der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP), bedenkt mit dem Brett seit 2011 den größten pseudowissenschaftlichen Unfug des Jahres. Bisherige "Laureaten" waren Peter-Arthur Straubinger für seine Dokumentation über vermeintliche "Lichtnahrung" (2011), Harald Walach von der Europa-Universität Viadrina (2012) und im vergangenen Jahr die Organisation "Homöopathen ohne Grenzen".

Ein Popstar als "Einstiegsdroge"

Mit der publicityträchtigen Vergabe an einen Popstar ging die GkD heuer vom naturwissenschaftlichen Kernbereich ab, denn Naidoos nun auch preisgekrönte Aktivitäten liegen eher auf politischem bzw. historischem Gebiet. Unter anderem, so die GkD in ihrer Begründung, habe sich der Sänger mehrfach öffentlich für die sogenannte "Reichsbürgerbewegung" ausgesprochen: Eine vergleichsweise komplizierte Verschwörungstheorie, derzufolge die Bundesrepublik Deutschland kurz zusammengefasst gar nicht wirklich existiere. Statt dessen bestehe immer noch das Deutsche Reich fort, das durch eine geheime Regierung - zu der es unterschiedliche Versionen gibt - gelenkt werde.

Auch mit verschwörungstheoretischen Aussagen über die New Yorker Terroranschläge vom 11. September 2001 ist Naidoo aufgefallen. "Die Welt" bezeichnete ihn bereits als "Prophet des rechten Glaubens" und als "Irrläufer vom Dienst".

"Einstiegsdroge der Irrationalität"

"Xavier Naidoo wird zur Einstiegsdroge der Irrationalität, die mit pathetischer Musik beginnt und bei Chemtrails und Weltverschwörungs-Paranoia endet", so die Organisatoren des Goldenen Bretts. "Mit einigen Mausklicks kommt man heute von einer wirren Behauptung zur nächsten, und wenn ein prominenter Popstar einer solchen Theorie den Anschein von Legitimität verleiht, glauben beeinflussbare Fans oft auch gleich noch ein paar andere."

In der von 4. bis 14. November gelaufenen öffentlichen Nominierungsphase war Xavier Naidoo gleich mehrfach vorgeschlagen worden und schaffte es daher in den von einer Fachjury ausgewählten Dreiervorschlag - zusammen mit der nordrhein-westfälischen Gesundheitsministerin Barbara Steffens, die sich für "Alternativmedizin" ausgesprochen hatte, und dem Impfgegner-Verein "Netzwerk Impfentscheid". Diese beiden Kandidaten dürfen nun aufatmen, zumindest für heuer.

Preisgekröntes Lebenswerk

Allerdings gibt es beim Goldenen Brett auch noch einen Schmähpreis "für das Lebenswerk". Im vergangenen Jahr hatte diesen Rüdiger Dahlke vom steirischen "Heilkundeinstitut Dahlke" erhalten, 2012 war es Bestsellerautor Erich von Däniken gewesen. Heuer ging der Preis an Jochen Kopp, Gründer und Geschäftsinhaber des Kopp-Verlags, dessen inhaltliche Bandbreite von "verbotener Archäologie" und Prä-Astronautik à la von Däniken bis zu Ratgebern für das Überleben im Fall einer Krise reicht.

"Egal ob Ufos oder Alternativmedizin, ob Pseudo-Physik oder Chemtrails: Der Kopp-Verlag ist praktisch in jedem Bereich des Paranormalen und Esoterischen ganz vorne mit dabei", so die Jury des Goldenen Bretts. Wer seine Nase in ein solches Buch stecke, bekomme schon ganz automatisch ein Brett vor den Kopf gesetzt, daher sei der Preis "höchst passend". (jdo, derStandard.at, 26.11.2014)