Foto: dertandard.at/von Usslar

Tamsweg - Die vermeintliche Anonymität unter der Larve ließ einen Krampusläufer aus dem Pongau ausrasten. Wie auf Videomaterial einer derStandard.at-Reportage erkennbar ist, geriet er bei einem Krampuslauf in Tamsweg in eine Rangelei mit Jugendlichen aus dem Publikum, die er mit Mittelfinger und Hitlergruß beendete.

Der sogenannte "deutsche Gruß" ist laut Verbotsgesetzt von 1947 illegal, der Strafrahmen für Wiederbetätigung im Allgemeinen liegt bei zehn Jahren. Offenbar glaubte der Verdächtige, er könne dank Larve nicht identifiziert werden.

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Inzwischen ist den Veranstaltern von Krampus- oder Perchtenläufen von einigen Gemeinden vorgeschrieben, ihre Läufer zu registrieren, so auch in Tamsweg. Der Krampus trug vermutlich eine Nummer vom Vorjahr am Kostüm. Seine "Pass", eine feste Gruppe von Krampussen, konnte trotzdem ausfindig gemacht werden. Sie fiel bereits negativ auf, weil ein weiteres Mitglied einer Frau ins Gesicht schlug und daraufhin eine Entschuldigung verweigert hatte. Für weitere Läufe ist die Pass nun gesperrt.

Habe mit Brauchtum nichts zu tun

Der Obmann des veranstaltenden Vereins, Helmut Gambs, will den Hitlergruß allerdings nicht zur Anzeige bringen. Er habe Angst, der Vorfall könne den Brauchtum in ein rechtsradikales Licht rücken. Eine Nähe mancher Krampusvereine zur Neonaziszene könne er allerdings nicht ausschließen und erklärt sich das Interesse rechter Burschen an Krampusläufen mit der Möglichkeit, anonym gewalttätig zu werden. "Das hat mit Brauchtum nichts zu tun, das ist katastrophal."

Der 26-jährige Krampus zeigte Reue und betonte, er habe keine Nähe zur Neonaziszene oder rechtem Gedankengut und hätte lediglich überreagiert: "Die Zuschauer haben sich nicht im Griff. Es wiederholen sich Situationen, wo man geschlagen und beleidigt wird, bis halt das Fass überläuft."

Bandenkriege

In so einem Moment hätte den gelernten Schlosser der Zorn überrumpelt, und es kam zu dieser Geste. Seiner Meinung nach komme es deshalb häufiger zu Konflikten, weil aus den beschaulichen Krampusläufen inzwischen Megaevents geworden sind, die kein Veranstalter mehr handhaben könne.

Ein anderer aus der Gruppe kritisiert, dass nicht mehr der Brauch im Mittelpunkt stehe, sondern Bandenkriege zwischen Pässen und Publikumsgruppen. In Facebook-Gruppen sprächen sich "Ausländer" ab und gingen dann bei Veranstaltungen gezielt auf Krampusse los, sagte er zum STANDARD. Von solchen Abmachungen erzählt auch ein Maskenbauer bei Tamsweg: "Ausländer" würden den Brauch missverstehen und als Aufforderung zu Gewalt sehen.

Das wäre allerdings ein neuzeitlicher Konflikt zwischen Brauchtumspflegenden und Migranten. Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) kennt keinen historischen Bezug zwischen Krampus-Brauch und Rechtsextremismus. Ein Hitlergruß – auch als Spontanreaktion, Spaß oder Provokation – sei aber völlig inakzeptabel. (mvu, DER STANDARD, 5.12.14)