Wieso weiß der Nikolaus, dass Daniel noch immer einen Schnuller braucht oder in der Nacht eine Windel?

Foto: Der Standard/Friesenbichler

Er gehört zu den Promis unter den Heiligengestalten – vor allem bei der jungen Generation: der heilige Nikolaus. "Was ihn so sympathisch macht, ist seine entschiedene Parteilichkeit für Kinder", heißt es in einer Aussendung der Katholischen Jungschar. "Er ist der Schutzpatron der Kinder, der sich tatkräftig für ihre Anliegen starkmacht." Und doch erwarten viele Kinder den Besuch des Nikolaus eher mit ängstlichem Bangen als mit heiterer Vorfreude. Dabei sollte er Kindern auf keinen Fall Angst machen, so die Jungschar.

Kein Konsens, was zeitgemäße Pädagogik ist

Man möchte meinen, dass es im Jahr 2014 eine gesellschaftliche Übereinkunft dahingehend gibt, dass Angstmachen nicht Teil zeitgemäßer Pädagogik ist. Und wird alle Jahre wieder vom Gegenteil überrascht. Es gibt offenbar nicht einmal Einigkeit darüber, dass ein angstmachender Krampus Kindern keine Schläge mit der Rute androhen sollte. Und dass es eher nicht hilfreich ist, wenn Kindern drohend aus einem "Sündenregister" mit ihren angeblichen Verfehlungen vorgelesen wird.

In den vergangenen Tagen sorgte ein Artikel in der "Presse" für Debatten. Darin wurde unter anderem das Ziehen an den Ohren als angemessene Erziehungsmethode gerechtfertigt. Auch die Empfehlungen für den richtigen Auftritt des Nikolaus werden immer wieder aufs Neue kontrovers diskutiert. So wurden die Vorschläge der Jungschar, wie ein für Kinder angstfreier Nikolaus-Auftritt aussehen sollte, in den letzten Tagen mitunter recht polemisch kommentiert – und vereinfacht als "Weg mit dem Bart" und "Kuschelpädagogik" dargestellt.

Frohbotschaft statt Drohbotschaft

Leider werde der Nikolaus viel zu oft zur "Erziehung" der Kinder missbraucht, kritisiert die Jungschar. Hier komme die Diskussion um den Bart ins Spiel: "Wenn der künstliche Bart den Kindern Angst macht: bitte weglassen! Wenn der Nikolaus durch seine Größe erschreckt: bitte auf Augenhöhe begeben! Wenn Erwachsene Kindern wissentlich Angst machen, ist das grausam", appelliert Sara Dallinger von der Jungschar. Dass der Nikolaus den Kindern die Leviten, ergo aus einem "Sündenregister" liest, ist genau genommen sogar inhaltlich falsch: Auf historischen Darstellungen hält der Nikolaus nämlich die Bibel in Händen – und nicht, wie heute gerne, ein Sündenbuch.

Sich beobachtet fühlen

Susanna Haas, pädagogische Leiterin der St. Nikolausstiftung der Erzdiözese Wien, einer Trägerorganisation von Kindergärten und Horten, schildert ein Negativbeispiel aus dem Kindergarten: "Wieso weiß der Nikolaus, dass Daniel noch immer einen Schnuller braucht oder in der Nacht eine Windel? Oder dass Klara sich oft mit Sabine streitet? Diese Ermahnungen vor allen anderen Kindern in der Gruppe beschämen die Mädchen und Buben." Zudem präge die Angst, "vom Himmel aus" beobachtet zu werden, ein Kind auf negative Weise. (lima, derStandard.at, 5.12.2014)