Ein Mieter einer Wohnung im ersten Wiener Bezirk darf keine Zigarren mehr auf seiner Loggia oder bei geöffnetem Fenster rauchen. Das hat das Bezirksgericht Innere Stadt in der vergangenen Woche in erster Instanz entschieden. Es ging dabei um einen Zigarrenraucher, der häufig mitten in der Nacht, zwischen Mitternacht und drei Uhr früh, bei geöffnetem Fenster oder auf der Loggia rauchte.

Immissionsschutz und wirtschaftliche Nachteile

Begründet wurde das Verbot in erster Linie damit, dass einem Vermieter wirtschaftliche Nachteile entstünden (§ 1118 ABGB), wenn sich ein Mieter durch eines Nachbarn "erheblich nachteiligen Gebrauch" von dessen Wohnung so gestört fühlt, dass er aus der Wohnung auszieht. Im konkreten Fall ist schon der Vormieter der vom Zigarrenrauch verqualmten Wohnung deswegen ausgezogen, weil seine Kinder wegen des Rauchs mit Atemwegserkrankungen zu kämpfen hatten.

Eine Rolle spielte bei der Urteilsbegründung aber auch der Paragraf 364 des ABGB, der besagt, dass der Eigentümer eines Grundstückes "dem Nachbarn die von dessen Grund ausgehenden Einwirkungen durch Abwässer, Rauch, Gase, Wärme, Geruch, Geräusch, Erschütterung" insoweit untersagen könne, als sie "das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benutzung des Grundstückes wesentlich beeinträchtigen". Der betroffene Mieter klagte auf Unterlassung dieser Immission und ließ sich auch die Rechte des Vermieters auf Unterlassung abtreten.

Verbot nicht nur während der Nachtruhe

Daniel Varro, Anwalt des klagenden Mieters, der von dem Fall am Montag in der "Presse" berichtet, spricht von einer "weitreichenden Entscheidung" der Richterin insofern, als das Urteil das Rauchverbot nicht auf gewisse Zeiten oder eine bestimmte Anzahl an Zigaretten einschränkt.

Es sei ihm beziehungsweise dem klagenden Mietern jedenfalls "überhaupt nicht darum gegangen, jemandem das Rauchen in seinen eigenen vier Wänden verbieten zu wollen", sagt Varro im Gespräch mit derStandard.at. Im konkreten Fall seien aber die baulichen Gegebenheiten eben so, "dass der Rauch des einen ganz genau in die Wohnräume des anderen Mieters hineinzieht".

40 Minuten lang Zigarrenqualm

Wesentlich sei außerdem gewesen, dass es sich um Zigarren handelte, und nicht um Zigaretten, sagt Varro. "Der geklagte Mieter hat selbst zugegeben, dass er oft zwischen 40 Minuten und einer Stunde braucht, um eine Zigarre zu rauchen."

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es wird wohl noch spannend, wie die nächsthöhere Instanz entscheidet; Varro rechnet fix damit, dass der beklagte Mieter beruft. Einstweilen darf der Zigarrenraucher wohl auch weitermachen, es sei denn, Varro bringt eine einstweilige Verfügung ein. Ob das geschehen wird, weiß er noch nicht. Er müsse sich das erst ansehen, "es gibt keine vergleichbaren Fälle".

Deutschland: Rauchverbot auf Balkon

Erst am vergangenen Freitag wurde ein ähnlicher Fall in Deutschland bekannt. Der deutsche Bundesgerichtshof hatte entschieden, dass ein zumindest zeitweiliges Rauchverbot für einen Raucher grundsätzlich möglich sei, wenn der Rauch wegen der damit verbundenen Geruchsbelästigung für andere Bewohner als störend empfunden wird (derStandard.at berichtete). Der Wiener Anwalt und Raucher-Lobbyist Manfred Ainedter hatte dazu noch am Freitag gesagt, dass ein ähnliches Urteil in Österreich nur "schwer vorstellbar" sei. (mapu, derStandard.at, 19.1.2015)