Thoraxchirurg Walter Klepetko ist Österreichs Pionier in Sachen Lungentransplantation. Er hat ein Spendernetzwerk aufgebaut und viele neue Technologien eingeführt.

Foto: Christian Fischer

Wien - Es war in der Nacht vom 8. auf den 9. November 1989. In Berlin fiel die Mauer, während Walter Klepetko im Operationsaal stand. Doch auch für ihn sollte das Datum ein historisches Ereignis werden: Der aufstrebende Thoraxchirurg führte in dieser Nacht seine erste Lungentransplantation (LuTX) durch, eine Premiere in Österreich. 1989 stand dieses chirurgische Spezialgebiet noch am Anfang. "Insofern haben wir in dieser Nacht auch medizinisch eine Mauer durchbrochen", erinnert sich Klepetko.

Er und sein Team von der Med-Uni Wien haben seit damals 1600 Patienten "einen neuen Atem gegeben". Die "älteste" Lunge aus dem AKH Wien funktioniert seit 22 Jahren tadellos, durchschnittlich werden 120 Lungen im Jahr transplantiert, mittlerweile auch bei Kindern. Deshalb wird in der Abteilung für Thoraxchirurgie dieser Tage gefeiert.

Was war der Hauptgrund für diese erfolgreiche Entwicklung? "Unser Lungentransplant-Netzwerk", sagt Klepetko und meint die Kooperation mit den Ländern östlich von Österreich, die er aufgebaut hat. "Wir verwenden Organe von dort, dafür operieren wir Patienten aus diesen Ländern."

Diese Verfügbarkeit von Organen sei die Voraussetzung, um die Versorgung mit Organen zu gewährleisten, LuTX häufig durchführen zu können und damit auch als Zentrum Expertise zu sammeln, sagt Klepetko. Im Gegensatz zu früher kämen heute nicht in erster Linie nur Unfallopfer, sondern Patienten nach terminalen Schlaganfällen und diagnostiziertem Hirntod als Spender infrage. Entscheidend dabei ist, dass Blutgruppe und Größe von Spender und Empfänger übereinstimmen.

Eltern spenden Lungenteile

Die Größe einer Spenderlunge lasse sich aber auch immer etwas anpassen. "Wir können Spenderlungen verkleinern, ohne dass sich die Funktion dadurch verringert", erklärt Klepetko ein Modell, bei dem nur Teile des Organs transplantiert werden - etwa auch bei Lebendspenden zwischen Verwandten. Auch das sei in diesen 25 Jahren Wirklichkeit geworden: Eltern, die ihren todkranken Kindern Teile ihrer eigenen Lungen schenken und damit Leben retten.

Patienten, die auf der LuTX-Warteliste stehen, haben schwere chronische Erkrankungen in einem sehr fortgeschrittenen Stadium. "Wir transplantieren, wenn es für Patienten die letzte Chance ist", sagt der Chirurg. Die Patienten leben oft seit vielen Jahren mit Lungenhochdruck, unterschiedlichen Formen von Lungenfibrosen oder Mukoviszidose. "Auch bei genetisch bedingter Grunderkrankung funktioniert die Lungentransplantation", so Klepetko, "denn das Organ bleibt intakt."

Zudem gab es zwei bahnbrechende technologische Neuerungen. 2000 wurde die sogenannte Extrakoporale Membranoxygenierung (ECMO) eingeführt, ein externes Schlauch- und Pumpsystem, das als Weiterentwicklung der Herz-Lungen-Maschine den Organismus während einer Operation am Leben erhält. Auch Patienten in sehr schlechtem Zustand können an diese Hightechapparatur angeschlossen werden und so die Wartezeit auf ein Spenderorgan überbrücken.

Seit 2011 hat Klepetko am AKH Wien eine Art TÜV für die Spenderlungen im Einsatz. Die bereits entnommene Lunge wird unter einer Glasglocke mit einer Speziallösung durchgespült, dann wird geprüft, wie gut das Organ noch Sauerstoff aufnehmen kann. Besteht ein Organ diesen sogenannten Ex-vivo-Lungenperfusionstest nicht, wird auch nicht transplantiert. "Durch dieses Verfahren wurde die Erfolgsrate nachhaltig verbessert."

Trotz aller technischen Verbesserungen: Voraussetzungen für eine erfolgreiche Transplantation sind Disziplin und Sorgfalt der LuTX-Patienten, da sie lebenslänglich immunsupprimierende Medikamente nehmen müssen, um eine Abstoßung des transplantierten Organs zu vermeiden.

Was Klepetko Sorgen macht: "Mit 48 Wochenstunden könnte man das nie aufbauen", sagt er und hofft auf ein realistisches Arbeitszeitgesetz, mit dem eine Betreuung der Patienten vor, während und nach der Operation gewährleistet ist. Schließlich ist jeder Patient hier ein medizinisch hoch anspruchsvoller Einzelfall. (Karin Pollack, DER STANDARD, 4.3.2015)