Unter dem Südpol von Enceladus dürfte sich ein ausgedehnter Ozean verbergen. Das zumindest ergaben frühere Schwerkraft-Messungen der Nasa-Sonde Cassini. Quarzpartikel, die aus dem Inneren des Saturnmondes stammen, weisen zudem nun auf heiße Quellen auf dem Grund dieses Ozeans hin.

Foto: NASA/JPL

Boulder/Wien - Flüssiges Wasser gilt als eine der Grundvoraussetzungen für Leben, wie wir es kennen. In unserem Sonnensystem ist die Erde nicht der einzige Himmelskörper, der über nennenswerte Mengen davon verfügen könnte. Mittlerweile glauben Astronomen, dass sich unter den kilometerdicken Eispanzern der Jupitermonde Europa, Callisto und Ganymed große Ozeane verbergen. Auf der Suche nach extraterrestrischen Lebensformen innerhalb unseres Sonnensystems kristallisiert sich allerdings Enceladus immer mehr als heißester Kandidat heraus.

Der Saturnmond mit einem Durchmesser von rund 500 Kilometern verfügt gleich über mehrere Besonderheiten, die man auch von der Erde her kennt: Seine vergleichsweise junge Eiskruste zeigt starke Anzeichen für plattentektonische Aktivität. Darüber hinaus beobachteten Astronomen auf Enceladus mithilfe der Nasa-Sonde Cassini vor zehn Jahren erstmals Kryovulkane in der Südpolarregion, geologische Strukturen, die statt Lava flüssiges Wasser, Mineralien und organische Moleküle auswerfen. Eine bislang unbekannte Wärmequelle scheint am Grund eines Ozeans rund 40 Kilometer unter der gefrorenen Oberfläche Eis zu schmelzen. Das ausgeschleuderte Wasser gefriert wieder zu Eispartikeln, die die Grundbausteine für einen der Saturnringe, den sogenannten E-Ring, bilden.

In diesem Saturnring haben Wissenschafter rund um Hsiang-Wen Hsu von der University of Colorado Hinweise darauf entdeckt, dass Enceladus noch eine weitere, spektakuläre Parallele zur Erde aufweist: heiße Quellen unter Wasser. Die Indizien dafür sind winzig, aber überzeugend: Der E-Ring des Saturn besteht teilweise aus Siliziumdioxid-Partikeln, ein Material also, das den Großteil des Sands auf der Erde ausmacht. Wie die maximal neun Nanometer kleinen Quarzkörnchen dorthin gelangt sein könnten, war für die Forscher zunächst rätselhaft.

Bedingungen wie im Atlantik

Vier Jahre lang analysierten sie die Cassini-Daten, führten Laborexperimente und Computersimulationen durch und schlossen dadurch eine mögliche Erklärung nach der anderen aus. Übrig blieb nur eine plausible Lösung, die sie nun im Fachjournal "Nature" präsentierten: Die mysteriöse Quelle für die Gesteinspartikel sind hydrothermale Quellen unter dem Südpol des Saturnmondes.

Die Untersuchungen lassen darauf schließen, dass auf dem Grund des angenommenen Enceladus-Ozeans ähnliche Zustände herrschen wie in Hydrothermalfeldern im Atlantik. Dort floriert fernab des Sonnenlichts an bis zu 60 Meter hohen Schloten ein üppiges Ökosystem. Einige Wissenschafter vermuten in solchen alkalischen Tiefsee-Thermalquellen sogar die Geburtsstätten der ersten Organismen auf der Erde - für Astrobiologen ein Grund mehr, dem Saturnmond ihre besondere Aufmerksamkeit zu schenken. (Thomas Bergmayr, DER STANDARD, 12.3.2015)