Ein Zwischennutzungsprojekt in der Tautenhayngasse.

Foto: Ulreich Bauträger Gmbh

Eigentlich könnte die Sache so einfach sein: Flächen, die temporär leer stehen, werden günstig zur Zwischennutzung angeboten. Der Eigentümer spart sich so die Betriebskosten, Erdgeschoßzonen werden belebt - und Kreative kommen an leistbare Flächen. Eigentlich. Denn in der Realität haben manche Eigentümer Angst, sich damit Mieter ins Haus zu holen, die sie dann nicht mehr loswerden - und lassen die Flächen daher lieber leer stehen. Und wer selbst auf der Suche nach Flächen ist, scheitert oft an fehlenden Kontakten und mangelndem Know-how.

Der Problematik will sich fortan NEST stellen - der etwas sperrige Name steht für die nach eigenen Angaben erste Agentur für Leerstandsmanagement Wiens. Diese private Initiative will zwischen Eigentümern und Interessenten vermitteln und so den Leerstand in Geschäftslokalen verringern, hieß es vergangenen Dienstag bei einer Pressekonferenz. Die wohl wichtigste Aufgabe von NEST: Die Agentur tritt selbst als Mieterin auf. "Wir tragen die Verantwortung", stellt Co-Geschäftsführer und Architekt Lukas Böckle klar.

Die Flächen werden mittels Prekariumsvertrags angemietet, was bedeutet, dass nur für Betriebskosten aufgekommen werden muss, dafür aber auch keine Mietrechte gegeben sind. "Die Dauer definiert am Ende der Eigentümer", so Böckle. Die Agentur will aber nicht nur vermitteln, sondern auch Machbarkeitsstudien und Standortanalysen sowie Nutzungskonzepte erstellen und Verwaltungsaufgaben übernehmen - und die Zwischennutzer sorgfältig auswählen.

Schreibtisch um 50 Euro

Die Miete soll unter der Hälfte des Marktpreises liegen und sich aus den Betriebskosten und Verwaltungsspesen zusammensetzen. Der Quadratmeterpreis für ein Objekt in der Tautenhayngasse im 15. Bezirk liegt beispielsweise bei 6,50 Euro, ein Schreibtisch ist um 50 Euro im Monat zu haben. Besonders Menschen in Kreativberufen dürften durch das Angebot angesprochen werden, Frauen auf Flächensuche sollen von NEST besonders unterstützt werden.

Der Bedarf sei jedenfalls enorm, berichtet Co-Gründerin Angie Schmied: "Die meisten Leute können sich kein Büro zu Marktpreisen leisten." Im Laufe ihres Testbetriebs im Vorjahr hätten Sie 800 Anfragen erhalten - weit mehr, als ihnen an Flächen zur Verfügung stehen: Zwei Projekte laufen derzeit. Vor kurzem wurden weitere Projekte des Kooperationspartners Conwert besichtigt.

Unterstützung aus der Branche

Wenn alles nach Plan läuft, dann dürfte NEST schon bald mehr Flächen im Angebot haben - denn auch Vertreter der Immobilienbranche unterstützen die Idee, zum Beispiel Hans Jörg Ulreich, WKÖ-Bauträgersprecher, der das bereits erwähnte Objekt in der Tautenhayngasse im Vorjahr zur Zwischennutzung zur Verfügung stellte. Das Haus soll einem Refurbishment unterzogen werden, aber das dauere noch, denn "Projekte brauchen eine gewisse Zeit, bis sie umgesetzt werden" - etwa was Behördengänge und Anrainer angeht. Bis Ende 2016 steht das alte Bürogebäude den Zwischennutzern daher noch zur Verfügung, schätzt er.

Nun will er auch andere Eigentümer dazu ermutigen, temporär freie Flächen zur Verfügung zu stellen. Das funktioniert mancherorts bereits: Das eigene Büro in der Liechtensteinstraße fand NEST beispielsweise, weil ein Architekt über die Möglichkeit Bescheid wusste und die Eigentümerin davon überzeugte. Auch ÖVI-Präsident Georg Flödl unterstützt die Initiative. "Das kann nur befruchtend sein", meint er, angesprochen auf die Auswirkungen auf den Wiener Büromarkt.

Über Leerstand wird in Wien erst seit kurzem gesprochen - seit 2010 auch immer wieder vonseiten der Stadt, die im rot-grünen Koalitionsprogramm eine Agentur für Zwischennutzung ankündigte. Zuletzt hieß es, dass sich dazu im Frühjahr etwas tun werde. Auch die IG Kultur setzt sich für Zwischennutzung ein. Seit eineinhalb Jahren können leer stehende Flächen online im Wiener Leerstandsmelder vermerkt werden. "Wir sind keine Konkurrenz", stellt Böckle klar. "Bei so etwas ist nur eine Symbiose sinnvoll." (zof, DER STANDARD, 21.3.2015)