Der Stoffwechsel beeinflusst die Ausprägung von Atemwegserkrankungen. Das zeigen Untersuchungen Rahmen der Mutter-Kind-Studie "LiNA", in der mehr als 620 Kinder umweltmedizinisch begleitet werden.

Foto: André Künzelmann, UFZ

Leipzig - Gerät unser Stoffwechsel aus dem Gleichgewicht, kann das im Körper zu Entzündungsprozessen und einer Aktivierung des Immunsystems führen. In einer aktuellen Studie konnten Forscher am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) nun zeigen, dass dies bereits bei Neugeborenen und Kindern im ersten Lebensjahr der Fall ist und im Zusammenhang mit der Entstehung von Atemwegserkrankungen im frühen Kindesalter steht.

Eindringlinge besiegen

Dringen Krankheitserreger in unseren Körper ein, wird unser Immunsystem in Alarmbereitschaft versetzt. Der Körper reagiert mit Entzündungsprozessen, und es wird eine Kaskade von Abwehrmechanismen in Gang gesetzt – mit dem Ziel, die unerwünschten Eindringlinge schnell und effektiv außer Gefecht zu setzen.

Mitunter kann aber auch schon ein verändertes Gleichgewicht im Stoffwechsel die Ursache für eine entzündliche Immunantwort sein. Dann werden Kräfte mobilisiert, um einen Feind zu bekämpfen, den es gar nicht gibt. "Wir wollten herausfinden, ob dieses Phänomen auch schon bei Neugeborenen und Kindern im ersten Lebensjahr vorhanden ist", sagt UFZ-Forscherin Gunda Herberth.

Ihre im "Journal of Allergy and Clinical Immunology" veröffentlichte Studie ist Teil der so genannten LiNA-Studie, in der sensible Entwicklungsphasen des Kindes untersucht werden mit Fokus auf Lebensstil, Umweltbelastungen und dem späteren Auftreten von Allergien und Atemwegserkrankungen.

Erhöhte Zuckerkonzentration

Im Blut von Neugeborenen (Nabelschnurblut) und Kindern im ersten Lebensjahr fahndeten Herberth und ihre Kollegen nach einem möglichen Zusammenhang zwischen Stoffwechselprodukten und Immunparametern – und wurden fündig: War die Konzentration bestimmter Zucker - so genannter Hexosen - im Blut erhöht, war auch die Konzentration entzündlicher Immunparameter erhöht. Eine hohe Konzentration anderer Stoffwechselprodukte, etwa Eiweißbausteine (Aminosäuren) oder Abbauprodukte von bestimmten Fetten, hemmte dagegen die Entstehung entzündlicher Parameter.

"Erhöhte Zuckerkonzentrationen im Blut führen also tatsächlich bereits bei Neugeborenen zur Entwicklung einer entzündlichen Immunantwort. Und die wiederum steht in einem direkten Zusammenhang mit der Entstehung von Atemwegserkrankungen im frühen Kindesalter", erklärt Herberth.

Ernährung und Umwelt als Ursachen

Den Befund ihrer epidemiologischen Untersuchung konnten die Forscher in in-vitro-Versuchen erhärten: In Zellkulturen zeigten Immunzellen, die Hexosen ausgesetzt waren, erhöhte Konzentrationen von Entzündungsparametern und solche, die Aminosäuren ausgesetzt waren, hemmten die Produktion entzündlicher Komponenten. "Da bestimmte Aminosäuren offensichtlich auch vor Entzündungen schützen können, vermuten wir, dass maßgeblich das Verhältnis zwischen den Stoffwechselprodukten für die Entstehung entzündlicher Prozesse verantwortlich ist", so die Forscherin.

In weiteren Untersuchungen wollen die UFZ-Forscher daher herausfinden, wie es überhaupt zu einer Verschiebung der Konzentration von Stoffwechselprodukten im Blut kommt: "Neben der Ernährung spielen sicherlich auch Umweltschadstoffe eine entscheidende Rolle", sagt Herberth. So wisse man, dass beispielsweise Weichmacher in unseren Stoffwechsel eingreifen. Wie und wo genau sie unsere Stoffwechselwege verändern können - und das je nach Ausprägung mit weitreichenden Folgen - wird im Fokus der zukünftigen Forschung stehen. (red, derStandard.at, 27.3.2015)