Die Ohren sind nachtragend: Soundwolken mit mehr als 100 Dezibel schädigen bei Konzerten, Partys und Musikhören mit Kopfhörern das Hörvermögen nachhaltig.

Anlässlich des Tags gegen den Lärm am 29.4.2015 warnt die Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie (DGHNO KHC) die Notwendigkeit, Kinder und Jugendliche für gehörschädigenden Freizeitlärm zu sensibilisieren sowie diesen verbindlich zu begrenzen. Aufschluss über riskante Nutzungsgewohnheiten tragbarer Audiogeräte bei Jugendlichen gab kürzlich die OHRKAN-Studie am Universitätsklinikum Regensburg.

Hintergrund dieser Warnung: Hörstörungen bei Kindern und Jugendlichen haben sich in den letzten 24 Jahren verdoppelt. Neben Umweltlärm gilt Freizeitlärm als Hauptursache für den Hörverlust.

Für die OHRKAN-Studie testeten Ärzte der Universitäts-HNO-Klinik Regensburg das Gehör von 2.149 bayerischen Schülerinnen und Schülern im Alter von 13 bis 19 Jahren. 85 Prozent der Jugendlichen gaben an, dass sie tragbare Musikabspielgeräte nutzen. Etwa 22 Prozent davon verwendeten ihren Player so häufig und so laut, dass ein riskanter Musikkonsum von mehr als 80 Dezibel (Ampere) bei 40 Stunden pro Woche vorlag.

Zuerst Hochtöne, dann der Rest

Etwa 22 Prozent nutzten ihren Player sogar so, dass die Lärmbelastung 85 dB (A) über 40 Stunden pro Woche überstieg. Zur Einordnung: Für Wohngebiete gilt ein Grenzwert von 65 (dB) am Tag und 57 Dezibel (dB) in der Nacht als gesundheitsgefährdend. Die riskante Nutzung tragbarer Audiogeräte fand sich in der Studie zudem häufiger bei Jungen als bei Mädchen und häufiger bei Hauptschülern als bei Gymnasiasten.

"2,4 Prozent der untersuchten Schüler wiesen eine Senke ihres Hörvermögens im Hochtonbereich auf", erläutert Jürgen Strutz, Ärztlicher Direktor an der Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde des Universitätsklinikums Regensburg.

"Dies ist ein Hinweis auf eine beginnende Lärmschwerhörigkeit."Solche lärmbedingten Hörstörungen seien vermeidbar, sind sich die Experten der HNO-Fachgesellschaft sicher. Deshalb haben sie zusammen mit der Bundesärztekammer eine Empfehlung "Zur Frage der Vermeidung von Hörstörungen durch Freizeitlärm im Kindes- und Jugendalter" im September 2014 beschlossen.

Im Zentrum steht die Nutzung von Audiogeräten wie MP3-Playern durch Kinder und Jugendliche. "Die Hersteller von MP3-Playern müssen die Nutzer über die Risiken von Lärm durch die Geräte aufklären", betont Werner Hosemann, Kongresspräsident der DGHNO KHC und Direktor der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen-, Ohrenkrankheiten, Kopf- und Halschirurgie der Universität Greifswald.

Limit von maximal 80 Dezibel

"Wir empfehlen, die Lautstärke dieser Geräte und Kopfhörer auf maximal 80 dB zu begrenzen." Neue Regeln sollten zudem für Konzertbesuche und Kinderspielzeuge gelten, die zu dauerhaften Hörschäden führen können: "Bei Spielzeugen mit Knalleffekten sollten Hersteller den Spitzenschallpegel angeben."

Für Musikveranstaltungen empfiehlt die DGHNO KCH die akustische Belastung auf einen Dauerschallpegel unter 95 dB (A) und einen Spitzenschallpegel von unter 100 dB (A) zu begrenzen. "Es ist wichtig, gerade bei Musik zwischen Lautstärke und Lärm zu unterscheiden", betont Strutz, "Viele Life-Konzerte empfinden wir persönlich als fantastisch, die Glückshormone im Blut steigen an, obwohl eine akustische Belastung von weit über 100 dB vorliegt, die zu Hörbeeinträchtigungen führen kann. (red/idw, 29.4.2015)