Bei der Maus zeigt sich ein deutlicher Signalabfall im Dunkelfeld-Röntgenbild (untere Zeile) der vom Emphysem betroffenen Lunge. Im konventionellen Bild (obere Zeile) ist die Krankheit selbst für den Experten nicht zuverlässig erkennbar. Links ist eine gesunde Lunge, in der Mitte ein mildes Emphysem und rechts ein schweres Emphysem zu sehen.

Foto: Klinikum der Universität München

München – Das Lungenemphysem ist eine der häufigsten schwerwiegenden Lungenerkrankungen, dessen Fortschreiten bei früher Erkennung und optimaler Therapie deutlich verlangsamt werden kann. Forscher des Instituts für Klinische Radiologie am Klinikum der Universität München (LMU) konnten in Zusammenarbeit mit Wissenschaftler der Technischen Universität und des Helmholtz Zentrums München zeigen, dass mittels Dunkelfeld-Bildgebung im Tierversuch bereits ein beginnendes Lungenemphysem sicher diagnostiziert werden kann. Auch eine Einteilung in verschiedene Schweregrade der Erkrankung ist mit diesem Röntgen-Verfahren möglich.

Anders als bei der konventionellen Röntgenbildgebung, deren Funktionsweise auf der unterschiedlichen Absorption (Abschwächung) von Röntgenstrahlen beim Durchtritt durch Gewebe basiert, wird mit der Dunkelfeld-Bildgebung die Streuung von Röntgenstrahlen im Gewebe sichtbar gemacht. Diese Streuung tritt zum Beispiel an Grenzflächen zwischen Luft und Gewebe auf.

Aus diesem Grund bildet das Dunkelfeld-Bild die Lunge in idealer Weise ab: Da das Grundgerüst der Lunge aus sehr vielen kleinen Lungenbläschen (Alveolen) besteht, an denen der Gasaustausch zwischen Blut und Atemluft stattfindet, ergeben sich unzählige Luft-Gewebe-Grenzflächen. Beim Durchtritt durch die gesunde Lunge wird die Röntgenstrahlung in alle Raumrichtungen gestreut, wodurch ein starkes Dunkelfeld-Signal entsteht.

Vorteile gegenüber konventionellem Röntgenbild

Im Verlauf eines Lungenemphysems werden die Alveolen nach und nach zerstört und die Anzahl der Luft-Gewebe-Grenzflächen reduziert. Treten Röntgenstrahlen durch eine vom Emphysem betroffene Lunge, werden diese daher weniger gestreut. Im Tierversuch wurde ein deutlicher Signalabfall im Dunkelfeld-Röntgenbild der Lunge festgestellt. Dabei zeigt die Signalstärke des Dunkelfeldbildes eine sehr starke Korrelation mit der Gewebe-Beschaffenheit der Lunge.

Die Forscher sind deshalb überzeugt, dass die Dunkelfeld-Bildgebung auch ein beginnendes Lungenemphysem sicher diagnostizieren und sogar eine Einteilung in verschiedene Schweregrade der Erkrankung ermöglichen kann. Das ist in der konventionellen Transmissions-Bildgebung durch die geringe Dichte des Lungengewebes nicht möglich.

"Im konventionellen Röntgenbild kann die Diagnose 'Lungenemphysem' zumeist erst sehr spät gestellt werden. – Erst dann, wenn die Lunge deutlich überbläht ist und sich zum Beispiel die Proportionen der knöchernen Brustwand ändern, oder das Zwerchfell durch die überblähte Lunge flach gedrückt wird", betonen die Wissenschaftler.

Keine Heilung möglich

Schätzungsweise sind in Österreich etwa 100.000 Menschen von einem Lungenemphysem betroffen. In Deutschland dürften es rund eine Million Erkrankte sein. Als Risikogruppe gelten besonders Männer und Frauen jenseits des 50. Lebensjahres. Die Zerstörung der Lungenbläschen hat zur Folge, dass sich die Lungenoberfläche verkleinert und der Sauerstoffgehalt im Blut sinkt. In der Folge leiden die Patienten an Atemnot, Husten, blaugefärbten Lippen und Fingernägeln und einem fassförmig aufgeblähten Brustkorb.

Geheilt werden kann ein Lungenemphysem derzeit nicht, aber eine optimale Therapie kann das Fortschreiten der Krankheit deutlich verlangsamen. Die Forscher hoffen, mit eine frühen Diagnose und dem raschen Beginn einer Behandlung die Lebensqualität und Lebenserwartung der Betroffenen entscheidend verbessern zu können.

Ziel ist klinische Anwendung

Mit dem Dunkelfeld-Röntgen ergeben sich aber auch weitere Anwendungsmöglichkeiten in der Lungen-Bildgebung. Zum Beispiel könnte die Technik Verwendung bei Screening-Untersuchungen, bei Verlaufsbeobachtungen oder bei Therapie-Studien finden – ohne Zuhilfenahme der Computertomographie, die deutlich strahlungsintensiver ist.

Die neuartige Röntgentechnik findet derzeit noch keine Anwendung in der klinischen Praxis. Bisher konnte die Effektivität der Methode in der Diagnostik des Lungenemphysems nur an lebenden Mäusen gezeigt werden. Eine klinische Anwendung stellt deshalb das Hauptziel der aktuellen Forschungsaktivitäten dar. (red, 30.4.2015)