Bild nicht mehr verfügbar.

"Viele Faktoren haben dazu beigetragen", dass die Sterblichkeit bei Brustkrebs vielerorts zurückgegangen ist, sagt Peter Boyle, Co-Autor der Studie.

Foto: APA/BARBARA GINDL

In Österreich erkranken jedes Jahr knapp 5.000 Frauen an Brustkrebs, rund 1.600 sterben an den Folgen. Um den Tumor frühzeitig zu erkennen und dadurch die Chance auf eine Heilung zu erhöhen, wurde im Jänner 2014 ein neues, kontroversiell diskutiertes Brustkrebs-Früherkennungsprogramm eingeführt. Wissenschafter aus Großbritannien und Frankreich haben nun herausgefunden, dass der Nutzen von Mammografie möglicherweise überschätzt wurde.

Kritiker stellen die Wirksamkeit der Brust-Screenings schon länger infrage. Die Rede ist von falsch-positiven Resultaten oder Überdiagnosen, die zu Übertherapien führen würden. Die neue Studie, die im "Journal of the Royal Society of Medicine" veröffentlicht wurde, lässt die Diskussion über den tatsächlichen Mehrwert der Mammografie erneut aufleben.

Programme basieren auf falschen Ergebnissen

Die Hauptaussage der Wissenschafter: Jene schwedischen Untersuchungen, auf denen bisherige Erkenntnisse sowie die Einführung von Mammografie-Programmen in vielen Ländern basieren, seien schlichtweg falsch.

In Schweden führten Wissenschafter in den 1960er- und 1970er-Jahren randomisierte Tests durch, die ergaben: In Gebieten, in denen die Mammografie-Untersuchung weit verbreitet sei, sinke die Sterberate bei Brustkrebs um 20 bis 25 Prozent. Diese Ergebnisse gelten bis heute als Basis für strukturelle Entscheidungen über Brustkrebs-Früherkennungsprogramme mittels Mammografie.

Diese Originaluntersuchungen wurden jetzt genauer unter die Lupe genommen. Die durchführenden Wissenschafter sprechen von "groben Fehlern in der statistischen Analyse". In Schweden seien damals sehr unkonventionelle statistische Methoden angewendet worden, die sich stark von den üblichen Krebsuntersuchungsstudien unterscheiden würden. Die tatsächliche Reduktion der Sterblichkeit durch den Einsatz von Mammografie liege wahrscheinlich bei weniger als zehn Prozent, so die Einschätzung der Autoren. Und nicht, wie von den Schweden damals angenommen, bei 20 bis 25 Prozent.

Vorsorgeuntersuchung senkt Sterberate nicht

Die Autoren weisen dabei auf Studienergebnisse aus Nordamerika, Europa und Australien hin, die beweisen: In Ländern, wo Frauen regelmäßig zur Mammografie gehen, ist die Häufigkeit von Krebs im fortgeschrittenen Stadium nicht erheblich gesunken. Und: Länder, die schon früh mit dem Vorsorge-Screening begonnen haben, verzeichnen eine gleich hohe Sterberate bei Brustkrebs wie jene Länder, die zehn oder 15 Jahre später damit starteten.

Mehrere Faktoren ausschlaggebend

Dass die Sterblichkeit bei Brustkrebs vielerorts zurückgegangen ist, sei demzufolge nicht allein auf die Ausbreitung der Mammografie-Untersuchung zurückzuführen. "Viele Faktoren haben dazu beigetragen", sagt Co-Autor Peter Boyle, Professor und Direktor des Institute of Global Public Health, einem Gemeinschaftsprojekt der Universität Strathclyde und des International Prevention Research Institute in Lyon. Neben der früheren Erkennung und besseren Diagnose habe es vor allem Verbesserungen in der Betreuung, in der Chirurgie sowie in der Röntgen- und Chemotherapie gegeben.

Wirksamer bei anderen Krebsarten

Die Kritik der Wissenschafter gilt allerdings allein der Brustkrebs-Früherkennungsmethode. Bei anderen Krebsarten wie Darm- oder Gebärmutterhalskrebs seien Vorsorgeuntersuchungen durchaus wirksame Mittel, um die Zahl von Krebsfällen im fortgeschrittenen Stadium zu reduzieren. Laut Studienautoren sind dies wichtige Informationen für Entscheidungsträger, um die Priorisierung von Screening-Programmen festzulegen. (maka, 14.7.2015)