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Gegen unverblümten Fremdenhass, blinden Rassismus und stumpfen Nationalismus könnte auch ein klares Auftreten im Netz helfen.

Foto: REUTERS Dado Ruvic

Immer, wenn es um sogenannte Randgruppen oder "heiße Themen" geht, entgleisen grundsätzlich die mehr oder weniger moderierten Foren. Egal ob es um Armutsreisende (vulgo Bettlerinnen und Bettler), Roma und Sinti (vulgo Zigeunerinnen und Zigeuner), Willkommene (vulgo Flüchtlinge), Obdachlose, Griechinnen und Griechen oder Deutsche geht: Das Bashing ist immer und überall.

Spitzen des Eisberges werden dann nachlesbar auf Plattformen, die sich dem Aufdecken von Rassismus, Hetze und Diskriminierung verschrieben haben, wie zum Beispiel "Eau de Strache".

Viel zu oft wird hier das Internet als das Netz des Bösen ins Spiel gebracht. Als würden völlig harmlose Menschen, vielleicht gar leicht humanistisch geprägt, allein durch die Tatsache, dass sie laufend das Netz nutzen, zu geifernden Rassistinnen und Rassisten, ausschweifenden Hetzerinnen und Hetzern und Minderheiten diskriminierenden Aktivistinnen und Aktivisten.

Haltung der Menschen

Hier wird wohl etwas verwechselt: Das Medium hat mit Sicherheit Auswirkungen auf diverse Kommunikationsverhalten, auf die Reaktionszeiten, auf die Spontaneität, auf so manche Unüberlegtheit. Aber die Haltung, die aus den Menschen spricht, entsteht nicht (nur) durch das Medium. Haltung hat mit Achtsamkeit und Würde zu tun. Haltung ist das Ergebnis einer bewussten Position in dieser Welt.

Vielleicht ist das Tempo des Austausches, die Zahl der schnellen Impulse, die mediale Reizüberflutung und das Verarbeiten all dessen neu. Aber die Xenophobie, das Entstehen von Hass auf Fremde, Angst vor Armen und rassistischen Fantasien ist kein Ergebnis des Netzes. Es ist Ergebnis unserer Haltung. Und hier haben wir viel verlernt.

Wofür das Netz sorgt

Wofür sehr wohl das Netz sorgt: Wir erfahren öfter und schneller von Meinungen, Ausbrüchen und Entgleisungen. Mag sein, dass dabei die Hemmschwelle bei manchen leichter fällt.

Es ist nicht notwendig, hier exemplarisch derartige Entgleisungen zu wiederholen. Es ist aber notwendig, gegen die Verrohung unserer Kommunikation aufzustehen. Ob auf Facebook, im Forum oder auf offener Straße. Eine Haltung muss her. Eine Haltung, die uns wieder zu einem humanen Umgang miteinander verpflichtet.

Fremdenhass, Rassismus, stumpfer Nationalismus

Es geht nicht um die alltägliche Beschimpfung in hitzigen Diskussionen. Es geht nicht um eine lässige Umgangssprache mit deftigen Schimpfwörtern. Es geht um das Bild, das manche von Menschen zeichnen und damit durchkommen. Es geht um den unverblümten Fremdenhass, blinden Rassismus und stumpfen Nationalismus. Dagegen könnte auch ein klares Auftreten im Netz helfen.

Mit einem verantwortungsvollen Bewusstsein dürfen wir nicht zulassen, dass Menschen allein schon durch die Art und Weise, wie sie benannt werden, verächtlich gemacht, erniedrigt werden. Dieses Bewusstsein können wir nur gemeinsam fördern und einfordern. Auch im Netz.

Denn Diskriminierung ist niemals und nirgendwo okay. Und das Netz ist nicht schuld. (Bernhard Jenny, 21.7.2015)